Derzeit sind in Deutschland 164.565 Anwälte zugelassen. Damit sie sich in diesem Wettbewerbsumfeld gut behaupten, können sie auf die Vermarktung der eigenen Leistung nicht verzichten. Doch die Werbung in eigener Sache fällt vielen Anwälten noch immer schwer. Das gilt vor allem für Einzelanwälte.
Aus einer Studie (Die Studie des Soldan Instituts „Wirksamkeit anwaltlicher Werbemaßnahmen – Eine empirische Untersuchung“ von Prof. Dr. Matthias Kilian ist 2011 im Anwaltsverlag Bonn erschienen.), in der das Soldan Institut rund 700 zufällig ausgewählte Rechtsanwälte zu ihrem Werbeverhalten befragt hat, geht unter anderem hervor, dass die Marketingaktivitäten der Kanzleien von der Größe und auch der fachlichen Spezialisierung abhängen. Kleinere Kanzleien und solche, die eher „generalistisch“ betrieben werden, würden bislang häufig über eine geringe öffentliche Präsenz verfügen.
Stärken identifizieren
Vor allem Anwälte kleinerer Kanzleien müssen lernen, Marketing strategisch zu betreiben und ihre Kanzlei zu einer Marke zu entwickeln. Dies hat auch Prof. Dr. Claudia Späth in der Praxis immer wieder festgestellt. Sie ist Hochschuldozentin für Marketing an der Hochschule Fresenius in Idstein/Taunus sowie Beraterin für Kanzleimarketing. Ein strategisches Marketing setzt jedoch voraus, dass die Anwälte für ihre Kanzlei Visionen haben und Ziele definieren, wo und wie sie sich im Markt sehen und positionieren wollen. Auf diese Ziele müssen sie dann auch ihre Marketingaktivitäten ganz konsequent ausrichten. Ihrer Meinung nach können sich gerade kleinere Kanzleien durch Spezialisierung sehr gut von Wettbewerbern unterscheiden, in dem sie sich beispielsweise auf bestimmte Branchen, Gruppen von Mandanten oder Regionen konzentrieren. Auch ein besonderer Service, etwa eine 24-Stunden-Erreichbarkeit, könne durchaus ein Alleinstellungsmerkmal darstellen.
Diese Stärken müssen sich dann aber auch in einer aussagekräftigen Webseite spiegeln. Denn mit keinem Kommunikationsweg kann eine Kanzlei seine Zielgruppe so umfangreich informieren wie über die eigene Internetseite. Deshalb ist es kaum zu glauben, dass noch immer längst nicht alle Kanzleien über einen eigenen Internetauftritt verfügen. Genaue Zahlen gibt es darüber nicht. Nach der 2011 herausgegebenen Untersuchung des Soldan Instituts waren es 64 Prozent der Kanzleien, die eine Online-Präsenz hatten. Inzwischen dürfte die Zahl deutlich höher sein. Das sagt gleichwohl noch nichts über die Qualität der Webseite aus. Dabei kann ein guter Internetauftritt die größte Akquisitionsplattform einer Kanzlei darstellen; ihm kommt gerade im digitalen Zeitalter eine maßgebliche Bedeutung für die Anbahnung eines Mandatsverhältnisses zu. Inzwischen geht man davon aus, dass die meisten potenziellen Mandanten zunächst die Webseite der Kanzlei besuchen, bevor sie überhaupt den Anwalt kontaktieren. Für mehr als die Hälfte gibt eine gut gemachte Webseite sogar den Ausschlag, den Anwalt zu mandatieren. Grund genug also, um sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen.
Da die Webseite die Visitenkarte einer Kanzlei im Internet ist, muss sie vor allem professionell sein und ganz deutlich transportieren, wofür die Kanzlei steht. Aus vielen Webseiten geht die Positionierung nicht klar hervor. Die Mandanten können nicht erkennen, was die Stärken und Alleinstellungsmerkmale der Kanzlei sind. Das ist eine wichtige Herausforderung, der sich Anwalt und Mitarbeiter gemeinsam stellen müssen. Sie sollten sich gemeinsam Gedanken machen, was ihre Botschaft an die Besucher ihrer Kanzleiwebseite ist und dazu ein passendes Drehbuch verfassen. Bei der Umsetzung sollten sie sich dann auf jeden Fall professionell von einer Agentur unterstützen lassen. Fotos sollten nicht nur qualitativ hochwertig sein, sondern die Betrachter auch emotional ansprechen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, wenn die Seite weitere Services bietet, etwa aktuelle Entscheidungen oder Gesetzesnovellierungen, Formulare zum Download oder Checklisten.
Professionalität ist auch gefragt, wenn es darum geht, im Internet gefunden zu werden. Denn eine gut gemachte Webseite zeichnet sich auch darin aus, dass sie bei der Anwaltssuche im Internet möglichst weit oben auf der Trefferliste erscheint. Deshalb müssen die Webseiten auch immer für die Google-Suche im Internet optimiert werden. Kanzleien sollten sich für diese besondere Aufgabe auf jeden Fall an spezielle Agenturen wenden.
Der persönliche Draht
Nach wie vor spielen Mandantenveranstaltungen wie Seminare und Vorträge eine große Rolle im Kanzleimarketing. Die Anwälte haben die Möglichkeit, ihre Expertise vorzustellen und den direkten persönlichen Kontakt zum (potenziellen) Mandanten zu knüpfen. Bei der Umfrage des Soldan Instituts zum Werbeverhalten hielten die Befragten diese Maßnahmen der persönlichen Kommunikation für ein besonders effektives Mittel der Mandantengewinnung. Allerdings besteht dabei immer die Hürde, dass der (potenzielle) Mandant überhaupt das Interesse und die Zeit aufbringen muss, die Veranstaltung zu besuchen.
Letztlich setzt sich ein erfolgreiches Kanzleimarketing aus verschiedenen Elementen zusammen. Auf jeden Fall ist es ein wichtiges Thema, mit dem sich jeder Anwalt beschäftigen sollte.