Rechtsanwalt im Bereich IT / Outsourcing – am Puls der Digital Economy 4.0

Dr. Moritz Hüsch, LL. M., Partner der Kanzlei Heymann & Partner, Frankfurt a. M. und Hendrike Wulfert-Markert, Associate der Kanzlei Heymann & Partner, Frankfurt a. M.

Big Data, Cloud Computing, Industrie 4.0, Connected Cars oder Google Glasses – diese Themen sind allgemein bekannt und für einen Anwalt im Bereich IT-Recht business as usual, denn als Wirtschaftsanwalt im Bereich IT-Recht bekommt man die technologische Revolution hautnah mit. Fällt hingegen der Begriff „IT-Outsourcing“, trifft man in der Regel auf fragende Gesichter. Dieser Beitrag vermittelt einen Einblick in die Arbeit eines Wirtschaftsanwalts im Bereich IT/Outsourcing.

Was macht also ein auf IT/Outsourcing spezialisierter Anwalt?

Aufgaben im IT-Recht

Der Bereich IT-Recht – kurz für „Informationstechnologierecht“ – ist kein abgegrenztes, abgeschlossenes Rechtsgebiet, wie z. B. das Aktienrecht, Handelsrecht oder das Versicherungsrecht, deren Regelungen in (vor allem) einem bestimmten Gesetzbuch festgeschrieben sind. Beim Bereich IT-Recht handelt es sich um eine Querschnittsmaterie, die sich auf ganz unterschiedliche Rechtsgebiete erstreckt.

Das IT-Recht zeichnet sich dadurch aus, dass Themen der Informationstechnologie und deren rechtliche Beurteilung im Fokus stehen. Der juristische Laie denkt bei den Begriffen Internet, Daten oder Software z. B. an Amazon, Google, Microsoft, Facebook, Twitter, E-Mails, Cloud, Big Data, Industrie 4.0 oder Datenschutz. Und damit ist schon annähernd beschrieben, was den IT-Anwalt alles beschäftigt. In juristische Kategorien übersetzt bedeutet das: Vor allem das Vertragsrecht spielt eine wichtige Rolle, aber auch urheberrechtliche oder datenschutzrechtliche Aspekte sind relevant.

Das Vertragsrecht steht z. B. im Vordergrund, wenn es um den Verkauf oder Einkauf von Software oder anderen IT-Produkten wie Cloud-Lösungen, Online-Plattform-Verträgen oder E-Commerce geht.
Hierbei sind typische Fragen wie die Haftung oder Kündigung von Bedeutung, vor allem aber spielt auch die Technik eine Rolle: Was passiert, wenn das IT-Produkt nicht verfügbar ist, ausfällt oder fehlerhaft arbeitet? Wie schnell muss ein Fehler in dem IT-Produkt behoben werden? Man muss nur daran denken, was passieren würde, wenn Facebook oder die Amazon-Webseite vorübergehend nicht mehr erreichbar wären oder Apple Music streiken würde – die Nutzer würden Sturm laufen. Auf solche Szenarien können vertragliche Regeln eine mögliche Antwort geben. Ein IT-Anwalt arbeitet deshalb daran, für den Mandanten maßgeschneiderte Verträge zu entwerfen, die genau solche Probleme und Schwierigkeiten antizipieren, adressieren und adäquate Lösungen anbieten.

Um Haftung und Urheberrecht geht es z. B. bei der Frage, ob man auf urheberrechtlich geschützte Werke Links setzen darf oder ob der Anbieter eines offenen WLANs für Rechtsverletzungen haftet. Auch das Datenschutzrecht wird für einen IT-Anwalt immer wichtiger.
Der Fall Edward Snowden und die EuGH-Urteile zur sog. Safe Harbour-Entscheidung haben in der Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass internationale Datentransfers komplexe datenschutzrechtliche Rechtsfragen aufwerfen. Ein IT-Anwalt hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, für Mandanten die richtigen rechtlichen Lösungen zu finden, damit Unternehmen weiterhin auch international Geschäfte abwickeln können, ohne bei Datentransfers gegen geltendes Datenschutzrecht zu verstoßen.

Die Beispiele zeigen, dass die Arbeit eines IT-Anwalts in einer Wirtschaftskanzlei vor allem bedeutet, Verträge zu entwerfen, zu prüfen und auszuhandeln. Das klingt zunächst nach einer trockenen Aufgabe. In der Praxis erweist es sich aber als eine spannende Tätigkeit, denn zunächst muss man verstehen, was der Mandant technisch beabsichtigt, um das Ziel des Mandanten in die richtige und passende Vertragssprache zu übersetzen. Für den Entwurf eines Cloud-Vertrags z. B. ist das Verständnis der Cloud-Technologie unabdingbar. Das heißt, dass man oftmals mit der Business-Seite im engen Austausch steht und mit Technikern und anderen Unternehmensabteilungen zusammenarbeitet. Als IT-Anwalt gewinnt man dadurch einen Einblick in ganz unterschiedliche Unternehmen, Geschäftsfelder und vor allem in neu entwickelte Technologien. Noch ehe der Nutzer von einer neuen Technologie, Feature, App oder einem Service hört, hat man als IT-Rechtsberater oft bereits mit den neuen Entwicklungen zu tun.

IT-Anwalt in einer Wirtschaftskanzlei bedeutet auch, dass die Mandanten keine Privatpersonen, sondern Konzerne und Unternehmen sind. Das gilt gleichermaßen für kleine spezialisierte Wirtschaftskanzleien, sog. Boutiquen, wie auch für Full-Service-Großkanzleien.
Die Mandanten eines IT-Anwalts können aus ganz unterschiedlichen Industriesektoren kommen: Von Banken bis Energiekonzernen, von Start-Ups bis zum mittelständischen Softwareunternehmen – alle Unternehmen brauchen rechtliche Beratung zu IT, Software und Datenschutz. Dementsprechend unterschiedlich und facettenreich kann die Mandantschaft sein. Im Umfeld der Wirtschaftskanzleien ist die Mandantschaft oftmals international – Software und Daten kennen keine Grenzen. Das bedeutet, dass die Hauptarbeitssprache Englisch ist. Mit Mandanten und Juristen aus anderen Kulturkreisen zusammenzuarbeiten und die juristischen Englischkenntnisse zu schärfen, macht einen großen Reiz der Arbeit als IT-Anwalt aus.

Was ist Outsourcing?

Beim IT-Outsourcing geht es darum, dass ein Unternehmen bestimmte IT-Aufgaben nicht mehr intern, sondern künftig von einem externen Dienstleister erbringen lassen möchte. In der hochkomplexen IT-Landschaft von heute geht es nicht nur um Kostenersparnisse, sondern vor allem auch darum, dass professionelle externe Dienstleister oftmals das bessere Knowhow haben, IT-Services gezielter und effizienter vom Unternehmen geordert und je nach Bedarf des Unternehmens angepasst werden können. Die Planung und Durchführung eines IT-Outsourcings ist in der Regel mit einem erheblichen Aufwand für die Business-Seite des Unternehmens verbunden; für das Outsourcing werden oftmals spezielle Projektteams beim Unternehmen zusammengestellt. Dementsprechend sind IT-Outsourcings große, zeitintensive und juristisch komplexe Projekte. Die juristische Arbeit am Outsourcing-Vertrag stellt dabei nur einen Teil-Aspekt der anwaltlichen Tätigkeit dar. Als IT-Anwalt im Rahmen eines IT-Outsourcings ist man neben der Vertragsgestaltung vor allem (rechts-)beratend tätig und arbeitet insbesondere mit den Projektteams der Fachabteilungen des auslagernden Unternehmens (Rechtsabteilung, IT, Datenschutz, kaufmännische Seite) zusammen.

Als juristischer Berater wird man oftmals schon im frühen Stadium eingebunden und begleitet und unterstützt das Outsourcing schon von der ersten Stunde – dem Ausschreibungsprozess – an. Der Outsourcing-Vertrag bildet das Herzstück der juristischen Arbeit. Es handelt es sich um ein komplexes Vertragswerk, das eine Vielzahl von fachlichen, technischen und rechtlichen Themen adressiert. Ganz elementare Dokumente des Outsourcing-Vertrags sind die Dokumente, die den Leistungsgegenstand und -umfang fachlich festlegen (sog. Leistungsbeschreibung) sowie die Qualität der Leistungen spezifizieren (sog. Service Level Agreements). Dies verdeutlicht, dass die praktische Zusammenarbeit mit der Business-Seite eine ganz zentrale Stellung einnimmt.

Noch komplexer wird ein Outsourcing-Vertrag, wenn ein Konzern mit Töchtern in mehreren Jursidiktionen IT-Leistungen auslagert. Als IT-Anwalt arbeitet man dann eng mit Anwälten und den Unternehmenseinheiten aus anderen Jurisdiktionen zusammen, was solche Projekte umso interessanter macht. Neben dem Outsourcing von IT-Services können auch verschiedene andere Services ausgelagert werden (z. B. Buchhaltung, HR-Services, Facility Management).

Fazit

Das Tätigkeitsfeld eines IT/Outsourcing-Anwalts ist vielgestaltig. Als IT-Anwalt erlebt man die technologische Entwicklung hautnah. Rechtlich stellen sich viele spannende, teils noch ungeklärte Fragen:
Gibt es Eigentum an Daten? Wer haftet beim Autounfall eines Connected Cars? Unter welchen Bedingungen darf man gebrauchte Software weiterverkaufen? Für diese rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit den neuen technologischen Entwicklungen müssen Lösungen gefunden werden: Das macht den Beruf des Anwalts im Bereich IT-Recht – sei es in einer Boutique oder in einer Großkanzlei – faszinierend.

Foto oben: georgejmclittle/stock.adobe.com

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Quelle JuS 3/2017