Haftungsrisiken des Geschäftsführers in der Krise der GmbH

von Malte Drews, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

„Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.“

– § 43 Abs. 1 GmbHG

Haftung der Gesellschaft und Gesellschafter

Wird ein Unternehmen gegründet, steht an vorderster Stelle die Frage nach der Wahl der Gesellschaftsform, dabei wird sich häufig für die GmbH entschieden, deren entscheidender Vorteil bereits im Namen steckt: beschränkte Haftung. Das bedeutet, dass die Gesellschafter als Anteilseigner mit ihrer Einlage das Stammkapital der GmbH erbracht haben und somit grundsätzlich für Ansprüche gegen die GmbH nicht mehr mit ihrem privaten Vermögen haften. Die GmbH dagegen haftet selbstverständlich mit ihrem gesamten Vermögen und nicht nur in Höhe des Stammkapitals, wie der Name vielleicht suggerieren könnte.

Haftung der Geschäftsführer

Wichtige Beteiligte bei der GmbH sind neben den Gesellschaftern auch der oder die Geschäftsführer. Diese können aus dem Kreis der Gesellschafter kommen, zwingend ist dies nicht. Diese vertreten die Gesellschaft nach außen und sind im Innenverhältnis für die Leitung der Gesellschaft verantwortlich. Handeln sie dabei entgegen obigem Grundsatz, so haften sie dafür der Gesellschaft gegenüber gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Haftungsgründe sind dabei im laufenden Betrieb vor allem (gravierende) unternehmerische Fehlentscheidungen, aber auch Zahlungen an Gesellschafter, die gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen. Daneben kommen gegenüber Dritten selbstverständlich auch die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsnormen in Betracht.

Die Krise

Zu den oben genannten möglichen Haftungsrisiken treten in der Krise der Gesellschaft noch weitere hinzu. Dabei ist unter der Krise ganz allgemein ein Zustand der Gesellschaft zu verstehen, der ihre Existenz bedroht. Um erweiterte Haftungsfolgen auszulösen, muss die Krise schon so weit fortgeschritten sein, dass die Gesellschaft insolvenzreif, also zahlungsunfähig (§ 17 Abs. 2 InsO) oder überschuldet (§ 19 Abs. 2 InsO) ist.

Geschäftsführerhaftung

Wenn sich die GmbH in einem insolvenzreifen Zustand befindet, gelten für den Geschäftsführer erweiterte Sorgfaltsanforderungen, wobei davon auszugehen ist, dass dieser – aufgrund seiner Buchführungspflicht – den Eintritt der Insolvenzreife erkennt. Gemäß § 64 S. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz der Zahlungen verpflichtet, die nach dem Eintritt der Insolvenzreife erfolgten. Zweck der Vorschrift ist es, die Ziele des Insolvenzverfahrens, also vor allem die gleichmäßige Gläubigerbefriedigung gemäß § 1 InsO, zu verwirklichen. Demgemäß muss auch die Exkulpationsmöglichkeit des § 64 S. 2 GmbHG betrachtet werden, wonach der Geschäftsführer keinen Ersatz leisten muss, wenn die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar waren. Denn jetzt handelt es sich nicht mehr um die Sorgfalt im Rahmen des ordentlichen Geschäftsbetriebes, sondern in der Krise. Danach sind Zahlungen für die Fortführung des Geschäftsbetriebes nur dann gerechtfertigt, wenn ernsthafte Sanierungschancen bestehen oder dies zu einer Verbesserung der Insolvenzmasse führt. Als Orientierung kann hierbei das Handeln eines gewissenhaften (vorläufigen) Insolvenzverwalters dienen. Vor diesem Hintergrund ist auch der Begriff der Zahlung zu sehen, der in einem weiten Sinne verstanden werden muss. So fallen neben unmittelbar durch den Geschäftsführer veranlassten Zahlungen auch solche darunter, die nicht von ihm veranlasst, aber von ihm hätten verhindert werden können. Auch zählen Zahlungen von Schuldnern der Gesellschaft dazu, die auf Konten der Gesellschaft geleistet werden, welche debitorisch geführt werden, so dass diese Zahlungen grundsätzlich nur der kontoführenden Bank zu Gute kommen.

Strafrechtliche Risiken

Neben diesen mitunter erheblichen haftungsrechtlichen Risiken bestehen für den Geschäftsführer auch strafrechtliche Risiken. Gemäß § 15a Abs. 1 InsO muss der Geschäftsführer, wenn die GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag stellen, spätestens aber drei Wochen nach Insolvenzreife. Tut er dies nicht, so macht er sich wegen Insolvenzverschleppung strafbar, die im schlimmsten Fall mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Darüber hinaus stellt § 15a InsO auch ein Schutzgesetz dar, so dass Gläubiger gegen den Geschäftsführer persönlich Ansprüche gemäß § 823 BGB Abs. 2 i.V.m. § 15a InsO geltend machen können, sofern sie durch die Insolvenzverschleppung einen Schaden erlitten haben.

Fazit

Gerät die GmbH in die Krise, stellt dies für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung dar, insbesondere für den Geschäftsführer, der auf der einen Seite regelmäßig bemüht ist, das Unternehmen noch zu retten, auf der anderen Seite aber auch immer der Gefahr ausgesetzt ist, sich selber haft- und strafbar zu machen, wenn er entgegen seiner gesetzlichen Pflicht nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt. Insofern kann es für Geschäftsführer nur ratsam sein, sich bereits vor der (hoffentlich nicht eintretenden) Krise mit den Pflichten und Aufgaben bei Insolvenzreife auseinanderzusetzen, damit aus der GmbH als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht der „Geschäftsführer mit bodenloser Haftung“ wird.

Quelle BECK Stellenmarkt 11/2017