Verwaltungsjurist – was verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung, und was macht ein Volljurist in einem Umweltamt? Lassen Sie mich einen Blick auf das Aufgabenspektrum und den Arbeitsablauf der öffentlichen Verwaltung werfen.
Nach meinem Studium in Tübingen und Freiburg im Breisgau sowie einem Referendariat am OLG Hamm, Landgericht Essen, war ich zunächst als Anwalt für öffentliches Recht und Mietrecht tätig. Früh hat mich die »andere Seite« angesprochen: Das Verwaltungshandeln und -gestalten im öffentlichen Dienst. Deshalb wechselte ich 2017 auf die Position eines Referenten im Eisenbahn-Bundesamt.
In dieser Bundesoberbehörde habe ich mich intensiv mit dem größten Verwaltungsverfahren in Deutschland auseinandergesetzt: der Planfeststellung. Im Studium und Referendariat lediglich gestreift, ist es ein mächtiges Werkzeug, um v.a. große Infrastrukturvorhaben umsetzen zu können. Alle erforderlichen Entscheidungen und Genehmigungen werden gebündelt und vom Planfeststeller verantwortet.
Neben Eisenbahnrecht spielte das Umweltrecht wegen der großflächigen Eingriffe in Natur und Landschaft eine bedeutende Rolle. Und so stieg ich in die Welt der Normen und Rechtsprechung meines aktuellen Fachgebiets ein. Im Jahr 2019 habe ich mich erfolgreich auf die Stelle der Abteilungsleitung und stellvertretenden Amtsleitung im Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart beworben.
Der Alltag in der öffentlichen Verwaltung
Im Amt für Umweltschutz bin ich Leiter der unteren Wasser- und Bodenschutzbehörde, Immissionsschutz- und Abfallrechtsbehörde sowie des Schornsteinfegerwesens. Auf der einen Seite stehe ich mit Rat und Tat dem Amtsleiter mit dem gesamten Aufgabenspektrum von Arbeitsschutz über Klimaschutz- und Klimaanpassung bis zum fachlichen Naturschutz zur Verfügung. Auf der anderen Seite habe ich eine große Abteilung mit etwa 65 Beschäftigten fachlich und als Dienstvorgesetzter zu führen und gegenüber den Aufsichtsbehörden zu verantworten. Vier meiner fünf direkten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben selbst bis zu 18 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter.
Für mich wichtig zu betonen: Jede/r einzelne Mitarbeiterin und Mitarbeiter steht im Mittelpunkt. Hin zur Verwaltungsabteilung und zur Amtsleitung will ich für bestmögliche Bedingungen sowie für eine zügige und rechtmäßige Entscheidung im Verwaltungsverfahren durch den einzelnen Sachbearbeiter sorgen. Deshalb spielt im Alltag die juristische Arbeit bewusst eine geringere Rolle, ist für mich aber steuerbar.
Welche juristischen Ressourcen stehen im Amt für Umweltschutz zur Verfügung?
Als einziger Volljurist in meiner Abteilung bearbeite ich abschließend bedeutende Verfahren und begleite die Prozesse. Außerdem sind im Amt zwei weitere Volljuristenstellen angesiedelt, welche bei Bedarf, neben dem Rechtsamt, mit eingeschaltet werden können. Mein Anspruch ist, Klagen gegen Verwaltungsakte selbst vor Gericht zu vertreten und möglichst keine Anwälte zu beschäftigen. Schließlich will ich auch der finanziellen Verantwortung gerecht werden und mit Steuergeldern möglichst sparsam und nachhaltig umgehen.
Highlights und Fazit
Ich empfinde meine Berufswahl als sehr sinnstiftend und die Rolle als Verwaltungsjurist als vielseitig, kurzweilig und intensiv. Entgegen mancher herkömmlichen Meinung wird zumindest im Umweltbereich sehr viel geackert – die Übersicht über zahlreiche, stets neu hinzukommende Rechtsvorschriften wie z.B. das Klimaschutzgesetz zu behalten und in Bescheiden sauber abzuarbeiten, ist eine große Herausforderung.
Highlights meiner Arbeit sind echte Einflussmöglichkeiten für wichtige Projekte im Gemeinderat. So kann die Stadt Stuttgart sich auf eine hervorragende Qualität des Grundwasserschutzes verlassen, in dem demnächst ein umfangreiches, digital verfügbares Grundwassermessstellennetz erstellt wird. Für den Erhalt und Schutz der zweitgrößten Heil- und Mineralwasservorkommen Europas setze ich mich öffentlich ein.
Europäische Förderprojekte, beispielsweise im Bereich der Altlastenbearbeitung am alten Industriestandort Stuttgart, ermöglichen einen Blick über den Tellerrand. Mit Berichten im Gemeinderat, Auftritten in Ausschüssen des Landtags und anderer politischer Gremien gestaltet sich mein Berufsfeld sehr abwechslungsreich. Fast alle Beschäftigten bei mir in der unteren Verwaltungsbehörde arbeiten fast immer im Tandem zwischen verwaltungsrechtlichem Part des Falles und der Fachtechnik – alles in einem Haus und teilweise innerhalb einer Abteilung lässt einen an einem Strang ziehen.
Ich empfehle über Praktika und Stationen im Referendariat in die Verwaltung einzutauchen. So können Sie den passendsten Bereich für sich entdecken. Seien Sie sicher, dass Sie mit offenen Armen empfangen werden!
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Über den Autoren
Bertrand Heitkamp - Stellv. Amtsleiter im Amt für Umweltschutz in Stuttgart
Er ist seit 2020 stellvertretender Amtsleiter und Abteilungsleiter im Amt für Umweltschutz in Stuttgart. Zuvor war er über drei Jahre beim Eisenbahn-Bundesamt als Referent tätig. Das Referendariat schloss er 2015 im OLG-Bezirk Hamm ab.