Herr Herzog, Sie sind nach dem 2. Staatsexamen bei ProSiebenSat.1 als Syndikus-Anwalt eingestiegen. Inwieweit unterscheidet sich Ihre Tätigkeit heute im Vergleich zu der Tätigkeit damals?
Dominik Herzog: Inhaltlich gar nicht so sehr. Wir setzen das, was ich damals gelernt habe, heute mit unseren Mandanten um. Wir versuchen, Konflikte zu vermeiden und vorausschauend zu beraten. Das Schöne ist, dass wir mit vielen unserer Mandanten langfristig zusammenarbeiten und daher frühzeitig einbezogen und um Rat gefragt werden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen ist. Das ist sicher der größte Unterschied zur klassischen Anwaltstätigkeit, hier wird man ja üblicherweise erst dann dazu geholt, wenn es eigentlich schon zu spät ist und die Klage auf dem Tisch liegt. Ich habe damals im Konzern gelernt, dass man als Rechtsabteilung zwar primär beratend mit am Tisch sitzt, also die juristische Expertise liefert, aber eben nicht nur. Man muss auch wirtschaftliche Zusammenhänge bei der Würdigung berücksichtigen oder vorhersehen, welche Konsequenzen sich daraus für die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens in der Konsequenz ergeben können. Man muss also viel ganzheitlicher herangehen. Diesen Rechtsabteilungsgedanken haben wir in unsere Beratung transportiert, von diesem Verständnis für Gesamtzusammenhänge profitieren unsere Mandanten unmittelbar.
Wo wollen Sie mit Ihrer Kanzlei SYLVENSTEIN Rechtsanwälte hin?
Dominik Herzog: Wir wollen in unserer Nische der führende Anbieter für digitale Unternehmen werden, ich sehe uns nicht nur einfach als Kanzlei, sondern als Rechtsberatungsunternehmen. Das ist das Ziel und da sind wir auf einem guten Weg. Das war sicher nicht von Anfang an die Vision, es hat sich erst mit der Zeit entwickelt. Ein wenig „Trial-and-Error“ gehört eben dazu.
Also kann man das Wirken eines Unternehmers so in etwa mit der Lösung einer juristischen Klausur vergleichen?
Dominik Herzog: Genau, man muss schauen, was funktioniert und was eben nicht. Es ist schon vergleichbar, zumindest, was die Mentalität betrifft. Man darf nicht aufgeben, man darf nie sagen: „Okay, ich gebe jetzt auf, Jura oder die anderen haben gewonnen.“ Nur der Blick nach vorne hilft. Stattdessen sollte man fragen: „Was kann ich noch besser machen? Was kann ich optimieren? Wie verstehe ich die Probleme meiner Zielgruppe noch besser?“ Nur so hat man eine Chance, erfolgreich zu werden.
Suchen Sie denn derzeit nach Mitarbeitern, um Ihr Ziel schnell zu erreichen?
Dominik Herzog: Auf jeden Fall. Wir suchen auf allen Ebenen, hauptsächlich im zivilrechtlichen Bereich, im Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht, aber auch im Medienrecht.
Stellen Sie eigentlich nur Volljuristen ein?
Dominik Herzog: Nein, wir suchen neben Volljuristen auch Juristen mit dem ersten Examen, Paralegals, Wirtschaftsjuristen, Bachelors of Law, Rechtsfachwirte. Dadurch, dass wir mit vielen Mandanten parallel arbeiten, muss nicht überall das Rad neu erfunden werden. Wir arbeiten sehr systematisiert und strukturiert.
Welche Skills sind Ihnen wichtig?
Dominik Herzog: Wir brauchen für unser Team Leute, die Lust auf digitales Arbeiten haben, das ist uns sehr wichtig. Wer nicht neugierig und offen für Technologie ist, passt vielleicht besser zum Staat als zu uns. Man sollte auch Spaß an unserer Zielgruppe haben, die jung und ehrgeizig ist, aber auch anspruchsvoll. Die wissen genau, was sie wollen, was sie brauchen. Mit Zeitdruck sollte man umgehen können.
Stichwort YouTube - aus welcher Motivation heraus ist Ihr Kanal damals entstanden?
Dominik Herzog: So als eine Art Gegenentwurf zu dem klassischen 08/15 Berufsbild des Juristen, der das erste und das zweite Examen macht, und anschließend – mit den richtigen Noten – zur Großkanzlei geht. Das Bild empfand ich als verzerrt. Überall sind Großkanzleien präsent, dabei sind sie als Arbeitgeber für einen Großteil gar nicht so relevant. Viele Anwälte arbeiten selbständig. Dass man sich für die selbständige Tätigkeit bewusst entscheiden kann, das wollte ich an meinem eigenen Beispiel zeigen. Am Anfang meiner Selbstständigkeit hat man auch viel Zeit (lacht) – da konnte ich den Kanal durch konstantes Drehen von Videos groß machen. Mittlerweile ist es zeitlich schwieriger, deswegen habe ich jetzt ein Team, das meine Social-Media-Aktivitäten koordiniert.
Wollten Sie damit auch Jurastudenten etwas den Druck nehmen?
Dominik Herzog: Mir war schon wichtig zu zeigen, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Man bekommt ja meist wenig Einblick in das Leben nach dem Examen und kennt nur die Panikmache davor. Ich dachte mir: Ich habe es geschafft, also können das auch andere. Und es gibt eben noch mehr, außer Großkanzlei und Karriere beim Staat. Jeder braucht ein Ziel, auf das man hinarbeitet, ich glaube das ist sehr wichtig. Wenn man durch Zufall im Jurastudium landet, wird es schwer, das bis zum Ende durchzuziehen, dann läuft man Gefahr nach einem einfacheren, weniger anstrengenden Weg zu suchen.
Ist ein Jurastudium eine gute Brücke, um Unternehmer zu werden?
Dominik Herzog: Ein Bekannter von mir wollte immer Unternehmer werden und dachte, dass es hilfreich wäre, erst einmal Jura zu studieren, so als Grundausbildung. Das Ende vom Lied war, dass es mit dem Abschluss nicht geklappt hat. Das war für mich die Bestätigung, dass es keinen Sinn macht, Jura zu studieren, wenn man nicht eine klare Vision und Motivation für einen juristischen Beruf hat. Unternehmer kann man auch ohne Jurastudium werden.
War eine Karriere in einer der großen Wirtschaftskanzleien nie eine Option für Sie?
Dominik Herzog: Sicher wäre die Tätigkeit in einer Großkanzlei auch spannend gewesen und ich hätte viele interessante Dinge gelernt. Aber ich habe für mich immer einen anderen Weg gesehen… Die hohen Gehälter sind natürlich Anreiz und Motivation, aber man muss auch die Kehrseite der Medaille sehen, es wird einem nichts geschenkt. Wenn man die Arbeitsvorgaben nicht erfüllt, ist die Karriere endlich. Außerdem kann man auch außerhalb der Großkanzlei gutes Geld verdienen als Jurist.
Könnten Sie sich vorstellen, dass einmal der Zeitpunkt kommt, an dem Sie nicht mehr als Anwalt arbeiten wollen, sondern sich wieder stärker auf andere Aktivitäten fokussieren?
Dominik Herzog: Ich habe tatsächlich gerade erst darüber nachgedacht, wie es jetzt langfristig mit der Kanzlei strategisch weitergeht. Ich will sie so aufbauen und entwickeln, dass ich nicht mehr in jedem Mandat unmittelbar involviert bin. Dann stellt sich sicher die Frage, was ich mit der neu gewonnenen Zeit mache oder wie ich meine Ideen verarbeiten kann. Ich schließe nicht aus, dass ich irgendwann keine Schriftsätze mehr bastle, aber wie das dann konkret aussehen wird, das kann ich heute noch nicht sagen. Am Ende des Tages erfüllt mich mein Job als Anwalt vollkommen, daher kann es auch sein, dass ich immer Anwalt bleibe… Vielleicht baue ich meine Vortragstätigkeit noch aus, das ist eine perfekte Ergänzung...
Vielen Dank für das schöne Gespräch.
Im ersten Teil dieses Interviews haben wir mit Dominik Herzog unter anderem über sein Jurastudium, damit einhergehende Rückschläge und die Gründung seiner eigenen Kanzlei gesprochen. Hier kommen Sie zu diesem Beitrag.
Über den Interviewpartner:
Dominik Herzog,
studierte Rechtswissenschaften in München, Heidelberg und Lausanne und absolvierte sein Referendariat in München und Los Angeles.
Nach seiner Promotion im Rundfunkrecht begann er 2011 seine berufliche Laufbahn in der Rechtsabteilung der ProSiebenSat.1 Media SE. 2014 wurde er Gründungspartner der wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Sozietät SYLVENSTEIN Rechtsanwälte. Er berät schwerpunktmäßig Firmen im Wirtschaftsrecht.
Daneben hat er den größten Youtube-Kanal für Jurastudenten.
Über den Interviewpartner:
Thomas Hepp,
BECK-Stellenmarkt-Redakteur