Dresscode in der Kanzlei – Tipps für junge Juristinnen und Juristen

Juristen in Kanzlei Kleidung
von Horst Hanisch

Liebe Leserin, lieber Leser, der Erste Eindruck zählt und ist oftmals entscheidend für das folgende Miteinander. Das gilt für das gesellschaftliche Miteinander, aber auch für das Berufliche im Allgemeinen und für Anwaltskanzleien im Speziellen.

Die passende Kleidung – oft eine Herausforderung für angehende Juristinnen und Juristen

Vielen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern, insbesondere im Kanzleiumfeld, bereitet die Frage „Was ziehe ich bloß an?“ einiges Kopfzerbrechen. Die Zeit ist zwar etwas freizügiger geworden, aber die junge Juristin bzw. der junge Jurist möchte schließlich nicht overdressed (zu gut gekleidet) oder underdressed (zu einfach gekleidet) erscheinen. Es ist nicht unbedingt das beste Gefühl, mit schickem Anzug zu erscheinen, wenn alle anderen T-Shirts und Jeans tragen.

Bei aller Freizügigkeit zur selbstbewussten Möglichkeit der Bekleidung, bedenken Sie bitte, dass Sie durch die Art Ihrer Kleidung Ihre Mitmenschen eventuell in peinliche Situationen bringen können, ja sogar verletzen oder beleidigen können.

Die gewählte Kleidung spiegelt den gewünschten Ausdruck der Persönlichkeit und damit die eigene Individualität wider. Durch die Wahl der Kleidung wird bewusst oder unbewusst die innere Einstellung ausgedrückt. Sie soll dem Anlass, der Branche, der Persönlichkeit entsprechen.

Viele Menschen überlegen täglich, welches Outfit sie wählen sollen/wollen. Sie stellen sich zum Beispiel solche Fragen: „Was erwartet mich heute? Wen werde ich treffen? Wie ist die Wetterlage? Wie ist meine eigene Stimmung? Wie will ich auf andere wirken?“

Sind die gestellten Fragen beantwortet, kann sich die Person für eine passende und korrespondierende Auswahl der Kleidung entscheiden.

Da das Outfit das Erscheinungsbild stark beeinflusst, ist eine die eigene Persönlichkeit unterstreichende Zusammenstellung bevorzugt.

Wer aus Berufsgründen nicht in eine bestimmte Kleiderordnung gedrängt wird, hat heute die freie Entscheidung. Form, Farbe, Stil – ganz so, wie es gefällt. Ausdrucksstark, um aufzufallen oder mehr auf Bequemlichkeit und Praktikabilität ausgerichtet.

Der Dresscode in der Anwaltskanzlei

Knifflig kann es werden, wenn kein vorgeschriebener Kleidungsstil gegeben ist – wohl aber erwartet wird.

Als Beispiel soll hier eine Kanzlei stehen. Die Mandanten haben eine gewisse Vorstellung von der zu erwartenden Leistung der Mitarbeitenden in der Kanzlei.

In den Köpfen vieler Menschen hat sich regelrecht eingebrannt, dass das Erscheinungsbild (also besonders das Outfit) Rückschlüsse auf die Fähigkeit des Trägers, der Trägerin zieht. Das sind natürlich Vorurteile. Als Beispiel stehen hier:

  • Anzug- und Brillenträger gelten als intelligent.
  • Kostümträgerinnen sind ehrgeizig und beruflich erfolgreich.
  • Personen mit stark aufgetragenem Make-up wollen von ihrer (schwachen?) Persönlichkeit ablenken.
  • Beschäftigte im T-Shirt nehmen die Arbeit (und die Leistung?) locker.

Natürlich stehen die Beispiele für Vorurteile beziehungsweise Vorverurteilungen. Selbst wenn die beschäftigten Juristinnen und Juristen diese Vorurteile nicht bestätigen: Sobald sie im Kopf des Mandanten verankert sind, haben sie Entscheidung auf sein Verhalten.

Möchte der Mandant nicht von einer tätowierten T-Shirt-Trägerin betreut werden, hat er gegebenenfalls einen gefühlten Nachteil, die Anwältin aber auch, da sich nur schwer eine angenehme Stimmung aufbauen lässt.

Unabhängig ihrer tatsächlichen fachlichen Kenntnis, ihrer möglicherweise sympathischen Stärke hat sie unter Umständen Mühe, als Profi eingeschätzt zu werden.

Ja, natürlich darf in hiesiger Kultur grundsätzlich jeder die Kleidung wählen, die er bevorzugt. Er drückt – wie erwähnt – damit seine Persönlichkeit aus.

Tatsächlich ist beim Arbeiten im Rechtsmarkt nicht zu vernachlässigen, dass der Erste Eindruck, das Auftreten und das Erscheinungsbild einen deutlichen Einfluss auf die folgenden Mandantenbeziehungen nimmt.

Wer in und mit der Gesellschaft leben und arbeiten will, sollte sich demnach Gedanken darüber machen, wie er auf andere wirkt.

Bringt ihm diese Wirkung Vorteile – umso besser. Bringt sie Nachteile, dann sollte überlegt werden, ob dieses ‚Risiko‘ eingegangen werden soll – oder ob sich ein (materieller) Nachteil einstellen könnte.

Business-Outfit oder Casual – wie kleiden sich Anwältinnen und Anwälte?

Im beruflichen Umfeld wird bei der Kleidung häufig in den Bereich ‚Business‘ und ‚Casual‘ eingeteilt.

Ganz klassisch ist das Business-Outfit, das im Büro, in Verkaufsgesprächen, bei Kundenkontakten, in der Geschäftswelt und in Kanzleien getragen wird.

Diese Bezeichnung Business-Outfit steht für ein Outfit zwischen modern und konservativ. Der Business-Mann und die Business-Frau müssen nicht jeden modischen Trend mitmachen. Viel wichtiger ist es, auf die Geschäftspartner ‚seriös’ zu wirken. Wenn Sie nicht gerade im ‚kreativen’ Bereich arbeiten, gilt nach wie vor für das Business-Outfit:

  • dunkler Anzug beziehungsweise Kostüm in blau, anthrazit oder schwarz, mit oder ohne Nadelstreifen
  • Anzug mit oder ohne Weste
  • Hemd beziehungsweise Bluse blau, hellblau oder weiß
  • für Damen: schwarze Damenstrümpfe und schwarze Lederschuhe
  • für Herren: schwarze Kniestrümpfe und schwarze Lederschuhe

Wenn es nicht ganz so streng zugeht, sind natürlich auch andere Farben oder Muster möglich.

Aktuell werden Krawatten oft nur zu besonderen Anlässen oder auf politischen und gesellschaftlichen hohem Niveau getragen. Einige Moderatoren und Moderatorinnen haben ihre Lederschuhe gegen Sneakers eingetauscht. Manchmal scheint es, der Casual Friday habe sich auf eine Casual Week ausgedehnt.

Es ist Sache Ihrer Kanzlei bzw. ihres Unternehmens, ob der Herr dem Mandanten mit oder ohne Krawatte gegenübertreten darf/soll.

Im Business Casual dürfen im Sommer Polo-Shirts getragen werden, aber nicht T-Shirts, die zum Freizeit-Look gehören. Der Kragen am Shirt ist also ausschlaggebend. Auch ein gestreiftes oder kariertes Hemd, ein Casual-Hemd, ist hier passend. Dazu können Sie Hosen aus Baumwolle, Cord oder Jeans tragen.

Für kühle Tage kann ein feiner Strickpullover übergehängt werden. Er kann aber auch um die Taille gebunden, lässig über eine Schulter geworfen werden; oder er kann tatsächlich getragen werden. Zum Beispiel der Kaschmirpullover über einem Polohemd, der Ledergürtel mit einer Silberschnalle, die ins Haar hochgesteckte (Sonnen-)Brille, der Markenpullover über die Schulter gelegt.

Neben Lederschuhen können gegebenenfalls auch Sneakers getragen werden. Im Business Casual dürfen saisonale Farben verwendet werden. Um jeglicher Verwechslung vorzubeugen: Shorts, Jogging-Anzüge, Sandalen, T-Shirts, weiße Socken oder Vergleichbares haben nichts mit dem Smart Casual zu tun. Frauen tragen ein Kleid, Rock, Hosen mit Top oder Bluse.

Tipps für Juristinnen und Juristen zum Auftreten

Der männliche Jurist scheint es bei der Wahl seiner Kleidung einfacher zu haben als die Juristin. Im Business sollten Frauen nicht vornehmlich ihre Weiblichkeit in den Vordergrund stellen, sondern das Image ihrer Kanzlei bzw. ihres Unternehmens repräsentieren. Daraus ergeben sich einige Hinweise:

  • Achten Sie darauf, dass Ihre Kleidung immer sauber und gepflegt ist. Unschöne Flecken und abgerissene Knöpfe passen nicht zum professionellen Auftreten.
  • Vermeiden Sie zu kurze Röcke und vermeiden Sie zu tiefe Halsausschnitte.
  • Eine figurbetonte hautenge Kleidung ist ebenso unangebracht wie Supermini oder ein tiefes Dekolletee.
  • Verwenden Sie ein dezentes Make-up. Das Make-up soll Ihre Persönlichkeit unterstreichen. Das gilt auch für einen passenden Parfüm-Duft.
  • Tragen Sie im Business-Bereich Strümpfe, auch wenn das Thermometer Höchstwerte zeigt. Nackte Beine sind dem Privatleben vorbehalten.
  • Nackte Schultern sind ebenso dem privaten und gesellschaftlichen Bereich zuzuordnen.
  • Vermeiden Sie klimpernde Ohrgehänge und rasselnde Armreifen. Verzichten Sie auf protzigen Schmuck. Unpassender Schmuck lenkt den Gesprächspartner ab und riskiert gegebenenfalls auch Verletzungen.
  • Schuhe sollten frei von Straßenschmutz, abgestaubt und geputzt sein. Vermeiden Sie abgelaufene Absätze. Auch Sneakers sollten picobello sauber sein.
  • Eine dezente, gut auf das restliche Outfit abgestimmte Handtasche kann ein mögliches Accessoire darstellen.
  • Bevorzugen Sie miteinander kombinierbare Business-Garderobe.
  • Meistens passt: Kostüm, Hosenanzug oder unauffälliges Kleid. Dieses jedoch in Verbindung mit Kostümjacke oder Blazer.
  • Wählen Sie die Farben, die zu Ihrem Farbtyp passen. So wirken Sie jünger, dynamischer und selbstsicherer!
  • Mit den Farben Dunkelblau, Blaugrau, Grau, Camel, Dunkelbraun und strahlendem Weiß sind Sie in der Regel für das Büro gut angezogen. Farbige Elemente können einen gewissen ‚Pfiff‘ erzeugen.
  • Einfarbige Garderobe wirkt seriöser und dezenter. Passende Accessoires sind leichter zu kombinieren.
  • Bevorzugen Sie bei Ihrer Kleidung dezente Muster.
  • Stofftyp und Stoffgewicht sollten zur Jahreszeit passen. Das heißt beispielsweise: leichte Stoffe zur Sommerzeit.
  • Tabus sind: Leggings, ärmellose Kleidung, verspielte Aufmachung, Romantiklook, supersportliches oder superpraktisches Outfit.

Hinweis: Immer passend ist ein klassisches Outfit aus sehr gutem, hochwertigem und knitterfreiem Material. Sie unterstreichen dadurch Ihre Persönlichkeit und das Bild der Sozietät, die Sie nach außen vertreten.

Lesetipp: Ebenso wie beim eigenen Erscheinungsbild gilt auch bei der Einrichtung von Kanzleien: der erste Eindruck ist entscheidend. Erfahren Sie mehr über die optimale Kanzleieinrichtung.

Wohlfühlen im Outfit – besonders wichtig für die ersten Arbeitstage in der Kanzlei

Lauschen Sie kurz dem berühmten englischen Schriftsteller Charles John Huffam Dickens (1812 – 1870):

„Man nehme dem Bischof seinen Ornat, dem Richter seine Perücke oder dem Kirchspieldiener seinen dreieckigen Hut, und was sind sie? Menschen – bloße Menschen! Würde, und bisweilen sogar Heiligkeit hängen mehr von Röcken und Westen ab, als viele Leute sich träumen lassen.“

Das zeigt, wie wichtig das gewählte Outfit ist, um den Ersten und Zweiten Ausdruck Ihrer Kanzlei positiv zu festigen.

Je nach Kanzlei, in der Sie, liebe Leserin lieber Leser beschäftigt sind, kann es bei der Kleidungswahl seriöser oder etwas lockerer zugehen. Tauschen Sie sich mit Ihren Kollegen und Kolleginnen aus, die Ihnen bestimmt wertvolle b geben können.

Bei Ihrer Wahl nicht vergessen, dass Sie Ihre Kleidung gerne tragen, Ihre Persönlichkeit unterstreichen und die Philosophie Ihrer Sozietät widerspiegeln.
 

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Taktvoll, sicher und gewandt im Umgang mit Partnern und Mandanten: Erfahren Sie mehr darüber von Horst Hanisch in seinem Ratgeber „Kanzlei-Knigge“.
 

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Über den Autor:

Horst Hanisch
machte sich nach Tätigkeiten im Hotelmanagement, Auslandstätigkeit in Asien und knapp sechs Jahren in der Schweiz 1987 selbstständig. Heute ist er Inhaber der Horst Hanisch Knigge Seminare, Bonn. Er ist aktiv als Fachautor, Coach und Dozent.
 

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