New Work im Kanzleikontext

von Hendrik Grempe

Einzelbüros, räumliche Trennung von Anwälten und Fachangestellten, das repräsentative Eckbüro für die Partner – der Aufbau von Anwaltskanzleien hat sich über die Jahre kaum verändert. Ganz anders gestaltet es sich im Rest der Arbeitswelt. Dort haben sich neue Arbeitstrends in den vergangenen fünf Jahren beinahe überschlagen. Flexible Grundrisse, Desksharing-Modelle und offene Flächen gehören in den meisten modernen Büros schon längst zur Standardausstattung. In seiner stärksten Ausprägung sind die neuen Arbeitswelten wohl im angelsächsischen Raum präsent, ganz besonders das Silicon Valley hat hier Maßstäbe gesetzt.

Die Kanzlei im Wandel

Nun ist nicht jede neue Büroimmobilie auf dem deutschen Markt mit Kickertischen, Yoga-Räumen oder anderen Annehmlichkeiten ausgestattet, dennoch findet man kaum noch Objekte, bei denen flexible Nutzungsformen und moderne New-Work-Trends nicht schon bei der Planung mitgedacht werden. Diese sind dabei nicht nur reiner Selbstzweck. Sie bedienen klar die Nachfrage am Markt und werden immer mehr zu einem Plus bei der Suche nach neuen Arbeitskräften. Besonders junge Angestellte fragen sich nach der Pandemie und dem Aufkommen hybrider Arbeitsmodelle, welchen Mehrwert das Arbeiten im Büro für sie bringt.

Eine Frage, auf die Arbeitgeber möglichst schnell eine Antwort finden müssen, denn entgegen der landläufigen Meinung scheint es auch unter jungen Arbeitnehmern eine Sehnsucht danach zu geben, im Büro zu arbeiten, wenn es sich für sie lohnt. Zu diesem Ergebnis kam zumindest eine Studie der Universität Maastricht in Kooperation mit Jobvalley aus dem Jahr 2023. Bei dieser wurden 12.343 Studentinnen und Studenten in Deutschland nach ihren Vorlieben bei der Berufsauswahl befragt. Dabei gaben sie an, knapp 2/3 der Woche präferiert im Büro zu arbeiten (3,3 Tage).

Alternative moderne Büromodelle sind denkbar

Genau darauf müssen auch Kanzleien und Law Firms reagieren, denn nur so werden sie es schaffen, sich im War for Talents durchzusetzen und sich optimal für die Zukunft auszurichten. Die gute Nachricht: Nachdem sie sich den meisten Entwicklungstrends der vergangenen Jahre verwehrt haben, holen Anwaltskanzleien in Sachen moderner Arbeitsflächen nach und nach auf. Immer häufiger ist bei der Gestaltung der Flächen eine Abkehr von hierarchischen Konzepten zu beobachten. Große, repräsentative Einzelbüros für Anwälte, räumlich getrennt von anderen Mitarbeitenden werden zur Seltenheit. Vielmehr gleicht sich die Größe der Arbeitsflächen an und der so gesparte Platz wird unter anderem für Social Spaces oder Hospitality-Angebote für Mandanten genutzt. So wird die Kanzlei für Klienten wie Arbeitnehmer zu einem attraktiveren Ort.

Neben einer Vielzahl kleinerer Einzelbüros werden aktuell auch verstärkt offenen Flächen implementiert, die Begegnungen, Kommunikation und Kooperation ermöglichen. Dennoch muss die Arbeitsweise in Kanzleien nicht gänzlich auf den Kopf gestellt werden. Noch immer herrscht in den Büroräumen großer Law Firms eine hohe Verzimmerung, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass der Beruf des Anwalts zumindest im Mandantengespräch großer Vertraulichkeit bedarf. Diese kann es nur in geschlossenen Räumen geben, sodass der Nutzung offener Flächen tätigkeitsinhärente Grenzen gesetzt sind. Um jedoch die für Einzelbüros genutzte Fläche auf ein Minimum zu reduzieren, können hier Sharing-Modelle mit buchbaren Flächen eingerichtet werden.

Eine Frage des Standorts

Außer der Umgestaltung der Arbeitsflächen müssen sich Kanzleien im New-Work-Umfeld aber auch die Frage stellen, wo sie sich ansiedeln wollen. Das Kanzleigebäude war oft aus repräsentativen Gründen in A-Lagen und diente in nicht unwesentlichem Maße der Außendarstellung. Mit den veränderten Ansprüchen von Arbeitnehmern verliert dieser Faktor jedoch an Zugkraft im War for Talents. Vielmehr spielt nun das sogenannte Proximity Marketing eine große Rolle bei der strategischen Ausrichtung von Kanzleien. So kann allein der Standort zu einem Pull-Faktor für die Mitarbeitergewinnung werden.

Der perfekte Ort muss dabei die Bedürfnisse von Arbeitgebern und Kunden gleichermaßen erfüllen: Für viele Angestellte spielen Größe und repräsentative Lage keine Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers. Sie achten deutlich stärker darauf, dass der Arbeitsplatz gut angebunden ist, sich Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder Angehörige sowie Einkaufmöglichkeiten in der Nähe befinden. Sogenannte Mikrolagen gewinnen so immer stärker an Bedeutung. Ähnliches gilt auch für potenzielle Klienten: Hier gilt es, die Frage der Erreichbarkeit zu beachten. Eine gute Anbindung in Verbindung mit einer sicheren Lage sind hier das A und O.

Die Kanzlei der Zukunft

Steht man also vor dem Schritt die eigene Kanzlei für die Zukunft auszurichten, müssen sowohl Lage als auch Arbeitsflächen neu gedacht werden. Optimal ist eine Einbindung in schon vorhandene Quartiere in Kombination mit modernen, flexiblen Flächen. Wie eine Immobilie von außen aussieht, hat im Grunde nur noch geringe Relevanz. Gerade die allseits beliebten Altbauten verlieren dadurch immer stärker an Reiz, da sie nicht die ausreichende räumliche Flexibilität bieten, um moderne Arbeitsflächen abzubilden.

 

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Über den Autor:

Hendrik Grempe - Geschäftsführer bei combine Consulting
Er ist Volljurist und begann seine Karriere als Rechtsanwalt, ehe er in den Bereich Corporate Property Management wechselte. Er kann auf 15 Jahre Erfahrung in der Immobilienwirtschaft zurückblicken und hat u. a. für Vodafone gearbeitet.