Warum promovieren?

Promotion Rechtswissenschaft
von Dr. Daria Bayer und Dr. Jan-Robert Schmidt

Die Promotion als individueller Prozess

Anlässlich unseres kürzlich erschienenen Promotionsratgebers (Bayer/ Schmidt, Die juristische Promotion, C.H.Beck, 2023) fassen wir an dieser Stelle die wichtigsten Tipps und Tricks rund um das Thema zusammen. Unsere wichtigste Erkenntnis gleich vorweg: Eine Anleitung mit den »10 Goldenen Regeln« zum erfolgreichen Promovieren gibt es (leider) nicht. Denn eine Promotion ist immer ein sehr individueller Prozess – was das Promovieren aber aus unserer Sicht auch so empfehlenswert macht.

In unserem Promotionsratgeber haben wir deshalb versucht, möglichst viele verschiedene Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Neben unseren subjektiven Erfahrungen haben wir in zwei Umfragen 300 aktuell Promovierende und über 600 bereits promovierte Personen nach ihren persönlichen Erfahrungen und Tipps gefragt, um euch ein kleines Buch an die Hand zu geben, das euch während des gesamten Verlaufs eurer individuellen Promotion mit Rat und Tat zur Seite steht. Dort findet ihr auch konkrete Tipps zu einigen allgemeinen, eher technischen Fragen, die sich in jedem Promotionsprozess stellen, etwa: Wie finde ich ein Thema? Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es? Wo publiziere ich meine Dissertation? Worauf sollte ich bei der Wahl meiner Betreuungsperson achten?

Die zentrale Frage der Motivation

Wir wollen uns an dieser Stelle auf eine Frage fokussieren, die aus unserer Sicht die zentrale des Promovierens ist und euch während des gesamten Promotionsprozesses begleiten wird, nämlich die Frage nach dem Sinn und Zweck eures Tuns: Wieso promovieren?

Gründe, im juristischen Bereich zu promovieren, gibt es viele. Sie reichen vom reinen Erkenntnisinteresse über den Wunsch einer akademischen Karriere oder das erklärte Ziel, einen Titel führen zu können, bis hin zum Traum, die (juristische) Welt zu verändern. Dabei ist ein Grund nicht »besser oder schlechter« als der andere. Oft kommen auch mehrere Gründe zusammen. Trotzdem gibt es in den meisten Fällen, wie die Ergebnisse unserer Umfrage gezeigt haben, eine Hauptmotivation – diese Hauptmotivation ist es, die euch durch den Promotionsprozess tragen wird.

Denn das Abfassen einer Dissertation ist eine grundlegend andere Art der Arbeit als alles, was ihr bislang im juristischen Studium oder im Referendariat gemacht habt. Eine Dissertation ist nicht einfach eine längere Hausarbeit oder Seminararbeit. Vielmehr ist sie ein eigenständiges, umfassendes Werk – euer Werk. Wenn ihr promoviert, arbeitet ihr euch tief in ein Thema ein, das niemand so gut kennt wie ihr. Auch im Arbeitsprozess seid ihr weitestgehend autonom: Niemand wird kontrollieren, wie weit ihr gerade seid, es gibt keine konkrete Abgabefrist und auch keine anderen Studierenden, die zur gleichen Zeit an genau demselben Thema arbeiten wie ihr. Die meiste Zeit werdet ihr daher allein mit der Arbeit an eurer Dissertation zubringen.

Dort sitzt ihr dann, ihr und das weiße Papier, das ihr mit Inhalt füllen sollt, was manchmal besser, manchmal schlechter und manchmal gar nicht gelingt. Es wird Tage geben, an denen ihr im Rausch Seite um Seite runterschreibt, aber genauso Wochen oder sogar Monate, in denen ihr keinen einzigen Satz schreibt, weil ihr keine Inspiration habt, in Arbeit ertrinkt oder euch einfach seit Wochen diese eine zentrale Quelle fehlt, die ihr per Fernleihe bestellt habt. Um auch diese zähen Zeiten – so gut es geht – zu überstehen und eure Arbeit nicht abzubrechen (ein Schicksal, das nicht wenige Promotionen erleiden), solltet ihr euch immer vergegenwärtigen, warum ihr da gerade am Schreibtisch sitzt.

Die Promotion als Zeit des persönlichen Wachstums sehen

Eure Hauptmotivation zu identifizieren, wird euch auch dabei helfen, pragmatische Entscheidungen zu treffen: Wollt ihr beispielsweise promovieren, um den Titel zu führen, so bietet es sich an, eine dogmatische Arbeit zu einem überschaubaren Themenkreis zu schreiben. Strebt ihr stattdessen eine wissenschaftliche Karriere an, so kann es wichtig sein, euch bereits durch die Promotion auf einem gewissen Forschungsgebiet zu profilieren. Promoviert ihr aus Erkenntnisinteresse, dann sucht euch ein (akademisches) Umfeld, das zu eurem Thema passt und Personen bereithält, mit denen ihr diskutieren könnt und die euch inspirieren. Soll eure Promotion schließlich einen Einfluss auf die rechtswissenschaftliche Debatte haben, dann ist es natürlich wichtig, in welchem Verlag und welcher Reihe ihr euer Buch publiziert. Wie ihr seht, hängt an der Frage eurer Motivation eine Vielzahl von wichtigen Richtungsentscheidungen für eure Dissertation.

In jedem Fall aber gilt: Begreift die Phase des Promovierens als eine Zeit der persönlichen Entwicklung. Eine einmalige Zeit in eurem Leben, in der ihr vollkommen frei und autonom seid. Eine Zeit, in der ihr an euch selbst und über euch hinauswachsen könnt.

In weiteren Beiträgen wird das Thema Promotion aus anderen Blickpunkten beleuchtet:

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Über die Autoren:

Dr.Jan-Robert Schmidt
studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Köln, Lissabon und Hamburg. Er promovierte an der Albrecht Mendelssohn Bartholdy Graduate School of Law zu einem zivilrechtlichen Thema mit rechtstheoretischem Fokus. Nach seinem zweiten Staatsexamen arbeitete er zunächst als Rechtsanwalt bei einer internationalen Großkanzlei und ist zurzeit Referatsleiter in der Finanzbehörde Hamburg

Dr. Daria Bayer
studierte Rechtswissenschaften in Hamburg und New York. Gemeinsam mit Leokadia Melchior gründete sie das Theaterkollektiv kollektivimFenster. Sie promovierte an der Universität Hamburg zur Aktualität materialistischer Rechtskritik und schrieb als Teil ihrer Dissertation ein Theater - stück, das sie im Hamburger Sprechwerk uraufführte. Zurzeit ist sie Rechtsreferendarin am Kammergericht. Website: https://www.kollektiv imfenster.com Twitter: daria_officiel

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