Wertschöpfer Coaching: Für mentale Stärke und eine gesunde Balance

Axel Bernau im Gespräch mit Susanne Kleiner

Die Digitalisierung erhöht die Dynamik. Coaching hilft Unternehmensjuristen, Rechtsanwälten und Kanzleimitarbeitern dabei, Ressourcen zu mobilisieren und Klarheit zu gewinnen.

Rechtsanwalt Axel Bernau, Personal und Business Coach, bestätigt, wie wertvoll persönliche Stärken in unserer komplexen Arbeitswelt sind. Er erklärt im Gespräch mit Susanne Kleiner, wie Coaching greift und warum attraktive Arbeitgeber darauf bauen.

Sie sind Rechtsanwalt und arbeiten als Justitiar in der freien Wirtschaft. Inzwischen coachen Sie auch Berufskollegen. Was motiviert Sie?

Mich interessiert schon immer, was Menschen antreibt und was sie beeinflusst, in einer bestimmten Weise zu denken und zu handeln.

Coaching begeistert mich. Ich brenne dafür, anderen dabei zu helfen, ihre Balance zu halten oder sie wiederherzustellen. Ich habe selbst erlebt, wie schwierig es ist, Beruf, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Was mich auch bewegt: Mir geht es gut im Leben. Als Coach kann ich der Gesellschaft etwas zurückgeben.

Meine Motivation, mit Juristen zu arbeiten, rührt daher, dass ich viel mit dieser Berufsgruppe zu tun hatte und habe. Ich weiß, wie Juristen und Kanzleimitarbeiter denken und arbeiten.

Warum gewinnt Coaching an Bedeutung?

Neu ist das Thema Coaching für viele nicht. Die obere Führungsebene hat Coaching als effiziente Methode längst für sich entdeckt. Sehen Sie, unsere Arbeitswelt wird komplexer, Hierarchien flacher. Die Digitalisierung fordert immer mehr. Der psychische Druck steigt. Betroffene suchen Klarheit und wollen entscheidungsstärker und handlungssicherer agieren.

Während ältere Zeitgenossen Coaching oft skeptisch gegenüberstehen, sind Jüngere sehr aufgeschlossen dafür. Die Millennials, also die in den Jahren 1980 bis 2000 Geborenen, fordern Coaching regelrecht ein. Arbeitgeber profitieren davon, Mitarbeiter darin zu fördern, ihre Soft Skills zu verbessern, ihr Selbstmanagement zu entwickeln und ihre Resilienz zu stärken.

Denn auch wenn sich die junge Generation sehr für anspruchsvolle Jobs begeistern kann, stelle ich oft fest: Länger intensiv an Aufgaben dranzubleiben fällt vielen schwer. Auch knicken viele ein, wenn sie Rückschläge erleiden.

Was genau verstehen Sie unter Coaching und wie arbeiten Sie?

Es gibt keine allgemeingültige Definition für Coaching. Elementar ist: Coaching fokussiert die Zukunft. Ich erforsche nicht die Ursachen wie ein Therapeut und blicke nicht zurück. Ich leite meine Klienten an, sich selbst besser zu erkennen und realisierbare Lösungen zu entwickeln. Ich arbeite mit bewährten Techniken, Tools und Methoden und arbeite so, wie es zu dem Klienten und seiner Situation passt.

Jedes Coaching ist so einzigartig wie die Menschen, die zu mir kommen. Die meisten wollen sich verändern. Dann geht es darum, Ziele zu stecken, Wünsche zu formulieren und Visionen zu entwerfen. Und es geht darum, dass mein Gegenüber selbst erkennt, welche Schritte dorthin führen. Selbstreflexion ist im Coaching zentral.

Meine Rolle ist es, Menschen im turbulenten Alltag dabei zu begleiten, gestärkt vorwärtszugehen. Auch schaue ich mir das soziale Geflecht des Klienten an und wende mich aufmerksam seinem Denken zu. Denn unsere Gedanken begrenzen – oder sie öffnen und stärken. Wie wir unsere Welt erleben und gestalten, haben wir weitgehend selbst in der Hand. Coaching kreist also im Kern darum, das Denken zu verändern.

In welchen Situationen kommen Anwälte oder Kanzleien auf Sie zu?

Die Gründe sind vielfältig. Immer mehr Kanzleien erkennen, wie wichtig es ist, klar und empathisch zu führen und wertschätzend zu kommunizieren. Und sie kommen auf mich zu, um Konflikte zu klären. Sie melden sich auch, um konstruktives Feedback zu lernen. Oder sie wollen Anwälte und Mitarbeiter darin stärken, neue Rollen auszufüllen.

Ein Beispiel: Eine Kanzlei ist in kurzer Zeit größer geworden. Die Assistentin, bislang die einzige Kraft in dieser Funktion, soll andere Mitarbeiterinnen nun führen und tut sich schwer damit. Arbeitsthemen sind dann: Kommunikation und Konfliktlösung, Selbstreflexion und Selbstmanagement, Teambildung und Teammotivation.

Auch ist die psychische Gesundheit mehr und mehr Auslöser für Kanzleien, aktiv zu werden. Burnout vorzubeugen und Krisen widerstandsfähig zu meistern, sind wesentliche Größen, um in unserer dynamischen Zeit zu bestehen.

Auch der Wunsch, die Kanzleikultur zu reflektieren und stärkenorientiert zu entwickeln, rückt mehr und mehr in den Fokus.

Was passiert genau beim Teamcoaching?

Hier greift die klassische Juristenantwort: Es kommt darauf an.

Als Coach bewege ich mich in unterschiedlichen Rollen. Ich bin Moderator, Supervisor, Trainer, Organisationsentwickler, Beobachter oder sogar Teamtherapeut.

Fragen, die Teams beschäftigen, sind: Was ist relevant für uns? Welche Prioritäten setzen wir? Wie organisieren wir uns als Team selbst? Wie erreichen wir, dass wir gemeinsam selbstwirksam handeln? Wie stellen wir sicher, dass jeder Einzelne seine Stärken einbringt? Wie kommunizieren wir wertschätzend und zielführend miteinander? Welche Entscheidungswege sind sinnvoll? Welche Informationen oder Mittel fehlen uns?

Auch kommt es vor, dass Mobbing Unternehmen veranlasst, ein Teamcoaching durchzuführen.

Welchen Tipp geben Sie Entscheidern in Kanzleien mit auf den Weg?

Das Risiko an Burnout zu erkranken, steigt. Investieren Sie in Ihre mentale Gesundheit und fördern Sie die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter.

Und machen Sie sich bewusst: Arbeitgeber, die Coaching anbieten, sind für den Berufsnachwuchs attraktiver.

Über die Interviewpartner:

Axel Bernau
Personal und Business Coach in
Überlingen am Bodensee sowie
Rechtsanwalt und Unternehmensjustitiar

www.axel-bernau.de

Susanne Kleiner
Autorin, Kommunikationsexpertin,
Trainerin (dvct) und Coach (dvct)

www.susanne-kleiner.de

 

www.trainings-workshops-seminare.de

Quelle BECK Stellenmarkt 12/2019