Effizient und schnell – Mit KI zur zukunftsfähigen Steuerkanzlei?

IT ChatGPT
von Michael Brhel

Seit Jahren schreitet die Digitalisierung voran und gewinnt einen zunehmenden Einfluss darauf, wie wir leben und arbeiten. Auch wenn Gesellschaft und Wirtschaft noch nicht vollständig durchdrungen sind, so nehmen digitale Tools und Prozesse schon einen breiten Raum in unserem Alltag ein. Im Wettbewerbsumfeld ist der Digitalisierungsgrad unter Umständen entscheidend für die Zukunftsfähigkeit einer Steuerkanzlei. Doch wie können Steuerkanzleien von den neuesten Entwicklungen profitieren und Künstliche Intelligenz sinnvoll in Ihre Abläufe und Prozesse integrieren?

KI als Motor für die Digitalisierung der Steuerberatung?

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist in den vergangenen Monaten durch ChatGPT in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt. Die Software ist für jedermann im Web zugänglich, wie ein herkömmlicher Chat zu bedienen und liefert erstaunliche Ergebnisse:

Hallo ChatGPT, was ist künstliche Intelligenz und welche Auswirkungen hat sie auf Steuerberatung und Buchhaltung?

„Hallo! Künstliche Intelligenz (KI) bezieht sich auf die Fähigkeit von Maschinen, menschenähnliche Intelligenzleistungen wie Lernen, Problemlösung und Entscheidungsfindung auszuführen. In Bezug auf Steuerberatung und Buchhaltung kann KI eine große Rolle spielen, indem sie repetitive Aufgaben automatisiert und die Effizienz erhöht. Zum Beispiel können KI-Systeme Daten automatisch sammeln, kategorisieren und analysieren, um Buchhaltungsprozesse zu vereinfachen. Darüber hinaus können sie auch bei der Steuerplanung und -vorbereitung helfen, indem sie Daten analysieren und Trends identifizieren, die Steuerberatern helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Insgesamt kann KI dazu beitragen, die Genauigkeit und Effizienz von Steuerberatung und Buchhaltung zu verbessern.“ 

Wie ChatGPT treffend bemerkt hat, birgt der Einsatz von KI im Bereich Steuerberatung und Buchhaltung ein enormes Potential. Trotz der offensichtlichen Chancen mehren sich jedoch auch kritische Stimmen, u.a. zur Korrektheit der KI-generierten Aussagen oder zum Datenschutz. Doch wie bei vielen technischen Neuerungen kommt es vor allem auf einen sensiblen Umgang mit der Technologie sowie deren überlegten Einsatz an.

Was versteht man unter Künstlicher Intelligenz?

Eine allgemeingültige Begriffsdefinition von Künstlicher Intelligenz gibt es nicht. Intelligenz ist unter anderem das grundsätzliche Vermögen, Schlussfolgerungen auch bei unvollständiger Informationslage ziehen zu können und daraus zukünftige Verhaltensweisen abzuleiten. Diese Fähigkeit kann man bei ausreichender Rechenleistung und ausreichend schnellen Verarbeitungsmöglichkeiten auch einer Maschine beibringen. Die menschliche Intelligenz jedoch besitzt darüber hinaus Abstraktionsvermögen und kann Probleme auch in völlig fremden Szenarien, denen sie bisher nicht ausgesetzt war, flexibel lösen. Man bezeichnet die aktuelle KI deshalb auch als „schwache KI“ oder „maschinelles Lernen“, weil sie für einen konkreten Bedarfsfall konstruiert ist und rein auf mathematischen und statistischen Verfahren basiert. Eine „starke KI“ müsste darüber hinaus noch die komplexe Funktionsweise der menschlichen Intelligenz nachahmen. Eine solche Entwicklung ist jedoch in näherer Zukunft nicht absehbar.

Chancen und Grenzen am Beispiel von ChatGPT

ChatGPT verwendet Verfahren für die Verarbeitung natürlicher Sprachen, wie sie auch für Übersetzungstools eingesetzt werden. Die neue sprachliche Qualität entsteht nun aber dadurch, dass ChatGPT syntaktische Abhängigkeiten über Wörter und Sätze hinweg berücksichtigt und – ebenso wie ein Mensch einen Text lesen und erfassen würde – auf Schlüsselwörter achtet, die unabhängig von der Position im Text auf die Grundbedeutung hinweisen. Da die Software ungeheuer große Datenmengen aus dem Netz verarbeitet, lernt sie stetig dazu.

Problematisch ist, dass die Maschine keinerlei Bewertungsbewusstsein hat. Sämtliche Eingabeinhalte sind unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt Bestandteile des Lernprozesses und damit auch Teil der Ausgabeprozesse. Das führt dazu, dass Ausgaben von ChatGPT auch Falschaussagen oder vermeintliche Fakten enthalten. Fehlerhafte Informationen reproduzieren sich zudem immer weiter.

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Unter welchen Umständen ist der Einsatz von KI in einer Steuerkanzlei sinnvoll?

Innerhalb einer Buchhaltungs- und Finanzsoftware kann KI für eine erhebliche Effizienzsteigerung im Steuerberatungsalltag sorgen – beispielsweise mit einer KI-basierten Erkennung von Dokumenteninhalten beim Einscannen oder der automatisierten Zuordnung von Belegen zu Buchungssachverhalten. Darüber hinaus kann KI auch zur Vorhersage für Planungsszenarien wie z.B. die Liquiditätsplanung herangezogen werden. Auch ein sachgerechter Einsatz von Sprachmodellen ähnlich wie ChatGPT kann unter Umständen sinnvoll sein, wenn er ausschließlich innerhalb der Software erfolgt.

Eine Beschränkung des KI-Automatismus auf eine kleinere lokale und mandantenspezifische Datenmenge – wie es in einer modernen Finanzsoftware der Fall wäre – sichert die Qualität der verwendeten Daten. Sowohl Input als auch Output des Prozesses können durch den Steuerberater überprüft und ggf. korrigiert werden. Grundsätzlich darf die KI keine Entscheidungen treffen, sondern lediglich Vorschläge unterbreiten. Die letzte Instanz der Verifizierung sollte stets ein menschlicher Mitarbeiter sein.

Fazit

Mit einer KI-basierten Software-Lösung, die auf verifizierte Daten zurückgreift, steigt die Qualität der Arbeitsergebnisse. Zudem lassen sich Prozesse erheblich verschlanken und beschleunigen. Solche Effizienzsteigerungen tragen wesentlich dazu bei, dass Steuerkanzleien zukunftssicher werden und bleiben.

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Über den Autor:

Michael Brhel
ist geschäftsführender Gesellschafter der Simba Computer Systeme GmbH mit Hauptsitz in Ostfildern. Die Simba Computer Systeme GmbH entwickelt seit über 30 Jahren Finanzsoftware für Steuerkanzleien, Unternehmen sowie kirchliche und soziale Einrichtungen.

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Der Beitrag ist erstmals in der DStR 40/23 erschienen.