Offene Immobilienfonds – diversifiziert und fokussiert zugleich

von Alexander Jostes

Im aktuellen Umfeld wachsender Unsicherheiten können offene Immobilienfonds ihre Stärken ausspielen. Mehr als in den vergangenen Jahren hängt es jedoch von der Strategie ab, ob sich ein Fonds langfristig vom Hauptfeld absetzen kann – oder eben nicht.

Immobilien – konservativ und wertbeständig

Dieser Tage überprüfen viele Privatanleger ihre Strategie.
Denn mehrere Entwicklungen sorgen für zunehmende Volatilität und Verunsicherung an den Finanzmärkten: der Anstieg der Inflationsrate auf das höchste Niveau seit Jahrzehnten, steigende Zinsen, geopolitische Spannungen, deren längerfristige Tragweite bislang kaum einzuschätzen ist, und immer noch die Corona-Pandemie.

Immobilien gelten als konservative Anlage, die verhältnismäßig resilient gegenüber Krisen ist. Denn sie sind Sachgüter, die in der Regel auch in Krisenzeiten Cashflows über Vermietung oder Verpachtung generieren. Das gilt insbesondere für Wohnimmobilien, die ein Grundbedürfnis bedienen, ebenso aber auch für viele gewerbliche Segmente. Immobilien behalten ihren grundsätzlichen Nutzwert dauerhaft, weshalb drastische Wertverluste seltener sind als bei anderen Anlageklassen. Im Nachgang der Finanzkrise von 2008 waren Immobilien stark gefragt; während der Corona-Pandemie hat sich die Anlageklasse insgesamt gut gehalten, allerdings mit deutlichen Unterschieden je nach Segment.

Immobilien gelten in Zeiten hoher Inflation als relativ wertbeständig und können diese Stärke gerade auch im aktuellen Umfeld ausspielen. Dem steht jedoch der Bremseffekt gegenüber, den die derzeit steigenden Zinsen auf die Immobiliennachfrage ausüben.

Risikostreuung ist essenziell

Insgesamt profitieren Immobilien vom aktuellen Umfeld mit zunehmenden Unsicherheiten, jedoch kommt es stärker als in den vergangenen Jahren darauf an, die zukunftsträchtigsten Segmente und vielversprechendsten Objekte auszuwählen. Privatanleger dürften damit in den meisten Fällen überfordert sein. Abgesehen davon übersteigt der direkte Erwerb ganzer Objekte ihre finanziellen Mittel in der Regel bei weitem, geschweige denn, dass sie in der Lage wären, ein diversifiziertes Immobilienportfolio aufzubauen. Das aber ist dringend geboten, denn bei aller Sorgfalt kann sich – wie bei allen Assetklassen – ein einzelnes Investment auch einmal als Flop erweisen.

Das Mittel der Wahl

Offene Immobilienfonds (OIF) sind für Privatanleger das Mittel der Wahl, um von den Perspektiven der Anlageklasse Immobilien zu profitieren und zugleich die genannten Herausforderungen zu vermeiden. Schon mit kleinen Summen können Anleger Anteile an einem solchen Fonds erwerben, wobei sie gegen eine Verwaltungsgebühr Auswahl, Kauf und Verwaltung von Immobilien an ein Management abgeben. Sie partizipieren an den Erträgen des Fonds und die Streuung über eine Vielzahl von Objekten begrenzt dabei das Verlustrisiko. Die Handelbarkeit von OIF-Anteilen ist geringer als die der sogenannten liquiden Anlageklassen Aktien und Anleihen, jedoch erheblich größer als bei geschlossenen Immobilienfonds. OIF-Anteile kann der Anleger nach einer Haltefrist von zwei Jahren und einer Kündigungsfrist von einem Jahr an den Emittenten zurückgeben, an der Börse kann er sie in der Regel ohne Frist verkaufen.

Fokus auf langfristige Trends

Die Anlagestrategie eines offenen Immobilienfonds bestimmt wesentlich seine Ertragschancen und Verlustrisiken und damit seine langfristige Wertentwicklung. So hängt der Effekt der Risikostreuung nicht nur von der Zahl unterschiedlicher Objekte im Portfolio ab, sondern auch davon, auf welche Nutzungsarten oder geografische Regionen sie sich verteilen. Die Coronakrise hat zum Beispiel die Bewertung von Hotelimmobilien deutlich gedrückt, während Wohnimmobilien noch stärker als zuvor gefragt waren. Geopolitische Ereignisse, wie der Krieg in der Ukraine, können die Immobilienwerte in bestimmten Ländern wiederum stark beeinflussen.

Während die breite Streuung das Portfolio vor Verlusten bei unvorhergesehenen Ereignissen schützt, kann ein gezielter Fokus auf bestimmte Märkte die langfristige Wertentwicklung des Fonds positiv beeinflussen und ihn vom Durchschnitt absetzen. Anleger sollten darauf achten, welche plausiblen Schwerpunkte ein Fonds in seiner Anlagestrategie setzt. Dies sollten keine Modethemen sein, sondern langfristig wirkende, sogenannte Megatrends. Dazu zählt zum Beispiel die Digitalisierung der Wirtschaft, die unter anderem den E-Commerce fördert und damit den Bedarf an Logistikimmobilien erhöht.

Gutes Management ist das Stichwort

Damit eine plausible Anlagestrategie aber auch zu Investmenterfolg führt, braucht ein Fonds ein erfahrenes und gut vernetztes Management, das Investmentchancen finden, richtig bewerten und Transaktionen umsetzen kann. Ob das der Fall ist, können Privatanleger schwer einschätzen. Sie sollten stattessen darauf achten, dass hinter dem Fonds eine Gesellschaft mit eigenen Research-Kapazitäten, ausgewiesener Immobilienkompetenz und positivem Track-Record steht.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann ein Investment in offene Immobilienfonds eine gute Vorbereitung auf die bevorstehenden unsicheren Zeiten sein.

Über den Autor

Alexander Jostes 
ist bei der BNP Paribas Real Estate Investment Management der zuständige Leiter für den Vertrieb Wholesale. Er verantwortet den Vertrieb der Immobilien Retail Palette, zudem ist Investment Analyst (CIIA) und ausgebildeter Bankkaufmann.