Finance For Future – so kombinieren Sie Nachhaltigkeit

von Jakob Trefz

Seit Greta Thunberg freitags die Schule schwänzt, beherrschen Klimawandel und Nachhaltigkeit Politik und Medien wie vielleicht nie zuvor. Der Kampf der jungen Schwedin, den sie gemeinsam mit vielen Jugendlichen unter dem Banner „Fridays For Future“ ausficht, wird dabei häufig als Antagonismus dargestellt: Jung gegen Alt, Ökologie gegen Ökonomie, Gewissen gegen Rendite.

Dabei müssen Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg kein Gegensatz sein. Das zeigt nicht zuletzt ein Wandel, der sich derzeit an den Finanzmärkten vollzieht: Pensionskassen, Vermögensverwalter und Versicherungsunternehmen, die auf einen langfristigen Wertzuwachs ihrer Geldanlage achten müssen, beziehen zunehmend Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Anlagestrategie ein.

Sie entziehen kohleintensiven Unternehmen die finanzielle Unterstützung, schließen Investments in Rüstung kategorisch aus oder zeichnen Anleihen von Textilproduzenten nur dann, wenn diese nachweisen können, verantwortlich mit ihren Mitarbeitern umzugehen.

All dies ließ den Markt für nachhaltige Geldanlage allein im Jahr 2018 um 28 Prozent auf inzwischen 1,53 Billionen Euro wachsen, so berichtet das Forum Nachhaltige Geldanlage. Und auch immer mehr Privatanleger wollen genauer wissen, wofür ihr Geld verwendet wird. Angesichts der Komplexität des Themas zögern jedoch viele, diesen Wunsch auch umzusetzen.

Welche Nachhaltigkeit?

Nachhaltig ist nicht gleich nachhaltig. Unter den Begriff nachhaltige Geldanlage fallen einerseits Finanzprodukte, die bestimmte Investitionen ausschließen wie zum Beispiel in Rüstung oder Kohleförderung.

Andererseits werden darunter Produkte verstanden, die das Anlegerkapital in Unternehmen investieren, die besonders effizient mit ökologischen Ressourcen wirtschaften und in ihrem Sektor als Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit agieren. Die Folge: Nachhaltige Finanzprodukte decken mitunter sehr unterschiedliche Ziele ab und lassen sich nicht unbedingt miteinander vergleichen. Eine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit in der Geldanlage gibt es noch nicht.

Neben der Frage, welchen Aspekt von Nachhaltigkeit sie verfolgen wollen, müssen nachhaltig-orientierte Anleger zudem entscheiden, ob sie einen Anlageschwerpunkt auf ein bestimmtes Marktsegment legen, wie zum Beispiel Erneuerbare Energien oder Wasseraufbereitung, oder eine bestimmte Region wie Europa oder Schwellenländer in den Fokus nehmen.

Ihr Nachhaltigkeits-Portfolio stellen Anleger mit aktiv gemanagten Fonds oder passiv agierenden ETFs zusammen. Alternativ können sie auch einen Vermögensverwalter-Fonds wählen und die Portfolio-Gewichtung so an diesen übertragen.

Die Qual der Wahl

Die Wahlfreiheit in der nachhaltigen Geldanlage ist für Verbraucher Fluch und Segen zugleich: Jeder Anleger, der ethische oder ökologische Werte bewusst in seine Strategie integrieren will, kann heutzutage das für ihn passende Produkt finden.

Doch wird der Markt für nachhaltige Geldanlage immer unübersichtlicher. Zwar geben Gütesiegel einen ersten Anhaltspunkt. Nur wenige Anleger haben jedoch die Zeit und die Kenntnisse, deren Aussagekraft zu prüfen und diese einzuordnen.

Um die passende Variante aus dem wachsenden Angebot an Nachhaltigkeits-Fonds am besten herauszufiltern, empfiehlt sich eine persönliche Beratung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie neben Risikoprofil des Kunden auch dessen Präferenzen hinsichtlich der nachhaltigen Geldanlage individuell betrachtet.

Dabei sollten sogenannten ESG-Kriterien zum Einsatz, welche die klassischen Kategorien von Renditechance, Risiko und Liquidität um folgende drei Nachhaltigkeitsbereiche ergänzen:

• ökologische Bilanz eines Unternehmens (Environment)

• soziales Engagement eines Konzerns gegenüber Mitarbeitenden, Kunden und der Gesellschaft (Social)

• das Einhalten von Recht und Gesetz (Governance)

Gemeinsam ermöglichen konventionelle und ESG-Kriterien eine sehr breite Analyse. Anleger erhalten so die größtmögliche Transparenz zu ihrer Geldanlage, um individuell entscheiden zu können, welche Nachhaltigkeitsaspekte ihnen wichtig sind.

Viele unserer Kunden empfinden dies als sehr bereichernd, denn am Ende des Auswahlprozesses steht nicht nur die Aussicht auf den Aufbau von Vermögen, sondern auch auf einen Beitrag zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.

Rendite und Weltretten

Ein Vorurteil hält sich hartnäckig in den Köpfen mancher Anleger: Gewissen oder Rendite – bei dieser vermeintlichen Entweder-Oder-Frage existiere kein „Und“. Nachhaltigkeit bedeute immer Einschnitte beim wirtschaftlichen Gewinn.

Doch eher das Gegenteil ist der Fall: So macht das FERI Cognitive Finance Institut eine Carbon-Blase in öl-, gas- oder kohleintensiven Industrien aus. Demnach seien Abwertungen von bis zu 50 Prozent in vereinzelten Aktienmärkten denkbar, sollten die ökonomischen Kosten für den Klimawandel auf CO2-Emittenten übertragen werden.

Ein Szenario, das angesichts der aktuell diskutierten CO2-Steuer nicht abwegig ist. Aus dieser Perspektive dürften Firmen, die sich von fossilen Energieträgern unabhängig machen, sich langfristig besser entwickeln.

Die inzwischen weltberühmte Greta hat sich für kommendes Schuljahr übrigens eine Pause vorgenommen. Ihren Aktivismus wird sie allerdings nicht ruhen lassen, sondern ihren Schulbesuch für ein ganzes Jahr. Um im September am Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York teilzunehmen, benötige sie deutlich mehr Zeit. Denn mit dem Schiff kommt Greta – sie fliegt grundsätzlich nicht – an einem Wochenende nicht über den Atlantik.

Über den Autor:

Jakob Trefz
Leiter Vermögensmanagement
beim Finanzdienstleister MLP

Quelle NJW 31/2019