Juristische Fachübersetzungen – worauf kommt es an?

von Jessica Tosstorff

Für die Erschließung neuer Märkte ist sprachliches Verständnis das A und O. Unternehmen, die sich international ausrichten wollen, benötigen daher fachliche Unterstützung. Ob Logistikbranche, Energiewirtschaft, Pharma- oder Rechtsbranche: Der Bedarf an sprachlichen Dienstleistungen ist überall vorhanden.

Blickt man speziell auf die Anforderungen von Anwälten, Rechtsabteilungen, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Gerichten und Behörden, so fällt auf, dass diese oft schnelle Unterstützung u. a. bei der Übersetzung von Schriftsätzen, Prüfungsberichten, Gutachten, Patentunterlagen, Verträgen, Gerichtsurteilen oder anderen offiziellen Dokumenten benötigen.

Um trotz Eilauftrag qualitativ hochwertige und professionelle Ergebnisse zu erzielen, müssen vielerlei Aspekte berücksichtigt werden. So ist es unter anderem entscheidend, über die Kenntnisse der spezifischen Rechtsinstitute in den jeweiligen Rechtsbereichen zu verfügen und hierfür eine entsprechende Umschreibung oder Formulierung in der Zielsprache zu erarbeiten (z. B. die Consideration – vertragliche Gegenleistung).

Welche Kriterien muss eine juristische Fachübersetzung erfüllen?

Neben exzellenten Kenntnissen der Ausgangs- und Zielsprache ist gerade im Rechtsbereich fundiertes Fachwissen über die rechtlichen Vorgaben unabdingbar.

Die Fachübersetzer müssen die Terminologie der Zielsprache, üblicherweise ihre Muttersprache, genau kennen, damit in der Übersetzung der rechtliche Kontext adäquat wiedergegeben wird. Darüber hinaus müssen sie rechtliche Formalitäten einhalten und ggf. mandatsspezifische Terminologie berücksichtigen. Hierbei ist eine äußerst sorgfältige und strukturierte Arbeitsweise gefragt, die weit über eine rein sprachliche Qualifikation hinausgeht.

Zusätzlich benötigen viele Übersetzungen im juristischen Bereich eine Beglaubigung von einem vereidigten Übersetzer oder ein so genanntes Translator‘s Certificate.

Technische Unterstützung für konsistente Übersetzungen

Moderne Übersetzungssoftware wie Translation-Memory-Systeme erleichtern den Umgang mit umfangreichen Projekten und gehören mittlerweile zum Alltag eines Übersetzers dazu, denn der Einsatz neuester Technologien spielt auch für die Übersetzungsbranche eine immer wichtigere Rolle.

So bietet sich bei juristischen Fachübersetzungen die Anlage von Terminologiedatenbanken an, innerhalb derer die gewünschte Terminologie fachgebiets- sowie mandatsspezifisch zusammengetragen werden kann.

Wird diese von den Übersetzern eingesetzt, kann die Konsistenz der Fachbegriffe garantiert werden. Zudem stellt deren Nutzung eine deutliche Zeitersparnis dar, da jederzeit auf die Datenbanken zugegriffen werden kann und bereits festgelegte Terminologie nicht mehr mühsam recherchiert werden muss.

Einen weiteren wichtigen Aspekt der Qualitätssicherung stellt der Einsatz von Translation Memories dar, in denen jede Übersetzung gespeichert wird. Dadurch kann auf ganze Textsegmente von bereits angefertigten Übersetzungen zugegriffen werden, sodass sich wiederholende Textpassagen wiederverwendet werden können.

Dies ermöglicht einen optimierten Übersetzungsprozess samt stilistischer und terminologischer Konsistenz, die durch die zusätzliche Einbindung einer Terminologiedatenbank weiter optimiert werden kann.

Bei Bedarf können bereits bestehende Übersetzungen mittels Alignment in ein Translation-Memory-System umgewandelt werden. So stehen diese nicht nur für die gewünschte Übersetzung als Referenz zur Verfügung, sondern erlauben auch den kurzfristigen Aufbau einer umfangreichen Translation-Memory-Datenbank für kommende Übersetzungsprojekte.

Einsatz maschineller Übersetzung bei sehr eiligen Aufträgen

Bei Bedarf und besonders eiligen, unter Umständen umfangreichen Übersetzungsaufträgen, kann maschinelle Übersetzung zur schnelleren Umsetzung gezielt eingesetzt werden. Hierbei kommt es darauf an, eine professionelle Machine-Translation-Lösung einzusetzen und nicht von einer öffentlichen Machine-Translation-Plattform Gebrauch zu machen.

Denn diese können zum einen nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten werden, da ihnen keine spezifischen Regeln antrainiert werden können, und zum anderen kann hier keine Datensicherheit garantiert werden.

Beim Einsatz hochentwickelter Übersetzungstools sind die Ergebnisse hingegen wesentlich besser und die Daten sind zu keinem Zeitpunkt für Drittparteien zugänglich, was vor allem bei juristischen Fachtexten aus Datenschutzgründen von besonders hoher Bedeutung ist.

Neben diesen Faktoren können Expressübersetzungen durch den Einsatz maschineller Übersetzungssoftware zudem deutlich schneller gegenüber dem klassischen Übersetzungsverfahren umgesetzt werden. Um dennoch ein rechtlich und sprachlich einwandfreies Ergebnis zu erzielen, wird im Anschluss an die maschinelle Übersetzung ein Post Editing durch einen juristischen Fachübersetzer vorgenommen, bei dem der automatisch generierte Zieltext bearbeitet wird.

Dies ist gerade bei fachbezogenen Texten wichtig, damit Zusammenhänge korrekt wiedergegeben und die gewünschte Fachterminologie berücksichtigt werden kann. Mandatsspezifische Terminologie kann auch in diesem Schritt mittels Translation-Memory-System eingebunden werden und so die gewünschte Konsistenz gewährleisten. Auf lange Sicht kann maschinellen Übersetzungssystemen Fachterminologie antrainiert werden, sodass bei künftigen Projekten darauf zugegriffen werden kann.

Fazit

Die fachliche Expertise und der Einsatz professioneller Übersetzer, die über die notwendige Erfahrung verfügen, sind für die Sicherung der Qualität unabdingbar. Die Vielzahl übersetzungsunterstützender Tools hilft diesen, den Übersetzungsprozess zu optimieren und Wünsche sowie Anforderungen an Fachübersetzungen bestmöglich, zeitlich effizient und kostensparend umzusetzen.

Über die Autorin:

Jessica Tosstorff
Ansprechpartnerin für die
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
in der KERN AG, Sprachendienste

Quelle NJW 17/2020