Auf neuen Wegen: Mandanten online betreuen

von Maximilian Block, Geschäftsführer der advocado GmbH, Greifswald

Die Digitalisierung erfordert in vielen Lebensbereichen ein Umdenken – nun erreicht sie auch Anwälte und Mandanten. Dies stellt vor allem traditionelle Kanzleien häufig vor Herausforderungen, denen sich aber einfach begegnen lässt.

Digitalisierung des Rechtsdienstleistungsmarktes

Mandanten haben unabhängig von ihrem Rechtsproblem grundlegende Wünsche bezüglich ihres Rechtsbeistands: Sie wollen eine schnelle Lösung, ohne auf Kanzlei-Öffnungszeiten oder -termine angewiesen zu sein. Auch wenn kein Spezialist vor Ort ist, wollen sie den besten Rechtsanwalt für ihr juristisches Problem. Zudem ist ihnen ein transparentes Angebot schon im Vorfeld der eigentlichen Beratung wichtig. Im Gegensatz dazu ist der Rechtsberatungsmarkt häufig immer noch von sehr traditionellen Strukturen geprägt. Der Austausch von Dokumenten in Papierform, Terminvereinbarung über das Telefon und persönliche Gespräche im Kanzleibüro kosten Mandant und Anwalt viel Zeit und Geld. In Zeiten fortschreitender Digitalisierung erscheint dies nicht mehr ganz zeitgemäß und schreckt viele potentielle Mandaten ab. Genau hier setzt Legal Tech an: Neue Technologien vermitteln Anwälte online an Mandanten in ganz Deutschland und Tools zur Aktenpflege und Analyse erleichtern die tägliche Arbeit. Auch die Vertrags- und Dokumentenprüfung lässt sich nun zum Teil digital vollziehen. Laut einer Umfrage von YouGov können sich bereits 37% der Deutschen vorstellen, Rechtsdienstleistungen online in Anspruch zu nehmen. Diese neuen Angebote sind aber auch mit Unsicherheiten verbunden: Intransparenz, schlechte Erfahrungen und fehlende Kundenorientierung machen es schwer, richtig einzuschätzen, welche der Dienstleistungen die Erwartungen erfüllt und eine entsprechende Qualität gewährleistet.

Wandel mit Perspektive

Die neuen und innovativen Angebote stoßen in Deutschland auf gemischte Reaktionen: Ablehnung kommt zumeist von Anwälten, die auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblicken. Dieser bestätigt sie in ihrer bisherigen Arbeitsweise und wirft die Frage auf, warum Änderungen notwendig sind, wenn doch die klassischen Wege ebenso zum Erfolg in der Mandantenbetreuung führen. Die neuen transparenten Online-Angebote führen hingegen zu einer Wettbewerbssituation, in der Anwälte und ihre Angebote – mehr als je zuvor – vergleichbar werden. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang auf sinkende Preise abgestellt, wobei es vielmehr um eine Fair-Price-Policy und die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Mandanten geht. Skeptische Stimmen erkennen zwar die Potentiale von Legal Tech, sehen aber in der – aufgrund der Neuheit des Marktes – bisher fehlenden Regulierung auch Risiken. Immer mehr Mandanten und Anwälte sehen aber genau wie wir die wirtschaftlichen Chancen der Digitalisierung des Rechtsmarktes. Mittels neuester Technologien ist es möglich, individuell auf jeden Kunden einzugehen, dabei jedoch weitaus effizienter zu agieren und mehr Mandate zu betreuen, als es bisher möglich war. Die aufwändige Akquise von Mandanten wird erheblich erleichtert und Online-Abwicklungen führen zu erheblichen Kosteneinsparungen – u. a. bei Büro- und Materialkosten. Außerdem werden Wettbewerbsnachteile ausgeglichen, da sich Mandanten unabhängig von Größe und Lage einer Kanzlei deutschlandweit betreuen lassen. Daher lautet eine wesentliche Frage, die sich Juristen immer stärker stellen wird: Wie betreut man Mandanten online?

Zukunft statt Alternative

Vom Erstkontakt über eine Beratung und der Vertretung im Streitfall bis hin zur Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung – mit Legal Tech kann mittlerweile der gesamte juristische Prozess digital abgewickelt werden. Von grundlegender Bedeutung sind dabei kurze Reaktionszeiten, auf den Mandanten und dessen Rechtsproblem zugeschnittene Angebote, verständliche und nachvollziehbare Leistungsbeschreibungen und transparente Bedingungen. Kostenfreie Zusatzangebote wie Ratgeber-Beiträge und Online-Broschüren zu verschiedenen Schwerpunkten sowie kostenfreie Ersteinschätzungen erhöhen das Vertrauen des Mandanten und erfüllen sein Bedürfnis nach schneller Hilfe.
Verschiedene Kommunikationskanäle (Chat, Videochat, E-Mail und Telefon) gehören ebenso zur Betreuung wie die Möglichkeit, Dokumente online auszutauschen und zu verwalten. So sind alle relevanten Unterlagen immer auf dem neuesten Stand und überall abrufbar – genauso wie das Mandat orts- und zeitunabhängig bearbeitet werden kann. Entscheidend für den Erfolg dieser Angebote ist aber die Fokussierung auf den Kunden, dessen Wünsche und Vorstellungen jederzeit berücksichtigt werden.
Damit wird die Online-Betreuung von Mandanten nicht nur zur Alternative, sondern zur Zukunft der Rechtsberatung.

Quelle NJW 25/2017