Aus Work wird Flow: die Zukunft der juristischen Arbeit

von Ralph Vonderstein und Christian Lindemann

Viele Wirtschaftszweige haben im abgelaufenen Jahr insbesondere durch die Corona-Pandemie einen Digitalisierungsschub erhalten – das gilt auch für den Rechtsmarkt. Kanzleien stellten innerhalb weniger Tage ihre Arbeitsprozesse um, verlagerten ihre Arbeitsplätze ins „Home-Office“ und nutzen seither wie nie zuvor digitale Tools für ihre tägliche Arbeit und die Mandantenkommunikation.

Was zunächst darauf abzielte, möglichst schnell einzelne Prozessschritte zu digitalisieren, um auf das Arbeiten von Zuhause umzustellen, wird jetzt von vielen Kanzleien und Rechtsabteilungen strategisch analysiert, um besser für die Zukunft aufgestellt zu sein. Es wird deutlich, dass für effiziente digitale Arbeitsprozesse ein möglichst lückenloses Zusammenspiel der genutzten Technologien notwendig ist. Das heißt, die Software, mit der Kanzleien und Rechtsabteilungen ihre Abläufe managen, Daten und Dokumente erstellen und verwalten, sollte nahtlos mit digitalen Recherchelösungen und Tools zur Erstellung und zur ortsunabhängigen Zusammenarbeit an Dokumenten ausgestattet sein.

Hinzu kommt, dass der Rechtsdienstleistungsmarkt insgesamt zunehmend von veränderten Anforderungen der Mandanten bestimmt wird, die immer schnellere, servicegetriebene und preiswerte Rechtsdienstleistung in hoher Qualität und mit hoher Prognosesicherheit erwarten.

Das sind wesentliche Faktoren, die Kanzleien und Rechtsabteilungen vor besondere Herausforderungen stellen: Sie stehen vor der großen Aufgabe, ihre Produktivität zu steigern, Kosten zu senken, Prozesse zu automatisieren, Services zu verbessern und komplexe Compliance- und Sicherheitsanforderungen einzuhalten. Das geht nur mit Lösungen, die durch die Kombination der richtigen Technologien die juristische Arbeit direkt am „Point of Need“ unterstützen.

Die Organisationssoftware wird zur zentralen Datenquelle

Die heute etablierten Softwarelösungen für die Organisation einer Kanzlei oder Rechtsabteilung werden aktuell überwiegend für die administrativen Verwaltungstätigkeiten genutzt. Das wird sich ändern. Ihnen kommt künftig eine neue Rolle als zentrale Datenquelle zu. Über offene Schnittstellen werden diese Systeme das Rückgrat einer hochgradig performanten, agilen und vernetzten Organisation sein. Die zumeist in die Software integrierten Dokumentenmanagementsysteme werden von der elektronischen Akte hin zu einer digitalen Fallbearbeitung aufgewertet werden, um die bisher immer noch stattfindende papierbehaftete Bearbeitung durchgängig digital abzubilden. Ein Prozess, der noch vor nicht geraumer Zeit visionär anmutete, hat nun eine zusätzliche Beschleunigung erfahren. Die kommende Generation von Software revolutioniert den Einsatzbereich und umfasst zukünftig sämtliche Stufen der juristischen Wertschöpfung in einem schnittstellenfreien Umfeld.

Digitale juristische Recherche und die eigentliche Fallbearbeitung mit digitaler Unterstützung rücken immer mehr in den Fokus. Sind alle Dokumente zum Mandat und auch die Inhalte, um es rechtssicher zu bearbeiten, erst einmal digital verfügbar, ergeben sich schnell weitere Möglichkeiten zur Prozessoptimierung. Diesen Vorteil erkennen Anwälte jetzt deutlich stärker und suchen aktiv nach Lösungen, die sie hierbei unterstützen. Sie merken auch, dass der Markt heute eine Vielzahl an verlässlichen digitalen Lösungen bereithält – von Anbietern, die mit ihrer Inhaltekompetenz bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil des Arbeitsalltags sind. Dabei erstreckt sich das Angebot von der automatisierten Dokumentenanalyse bis hin zu anwendbarer KI.

Auch die digitale Recherche ist nicht mehr nur eine reine Recherche in digitalen Werken, sondern zu einer Produktivitätsunterstützung geworden, die moderne Funktionalitäten, Dokumentenautomatisierung und digitale Applikationen zur Verfügung stellt und z.B. durch Online-Fortbildungs-Seminare ergänzt wird – was gerade in Zeiten eingeschränkter Reise- und Kontaktmöglichkeiten und sich schnell ändernder Rechtsvorschriften ein großer Vorteil ist.

Was macht künftig den Erfolg einer Kanzlei oder Rechtsabteilung aus?

Spätestens jetzt ist klar, dass die Zukunftsfähigkeit ganz maßgeblich vom Einsatz digitaler Lösungen und der Begeisterung für deren Adaption in die Arbeitsabläufe abhängen wird. Schneller Daten- und Informationsaustausch, exklusive und nachhaltige Services sowie prozessoptimierte Lösungen sind hierbei die Schlüsselfaktoren. Die damit einhergehen den organisatorischen Veränderungen werden tiefgreifend und umfänglich sein. Sie stellen Kanzleien und Rechtsabteilungen gleichzeitig vor signifikante Herausforderungen.

Die weltweite Studie „Future Ready Lawyer“ hat beispielsweise gezeigt, dass in den kommenden drei Jahren 81% der Rechtsabteilungen Informationen verlangen werden, wie zu mandatierende Kanzleien Technologie einsetzen, um produktiver und effizienter zu arbeiten.

Einen entscheidenden Vorteil werden folglich die Kanzleien haben, die aus sich selbst heraus den Weg in die Digitalisierung und die nahtlose Verknüpfung von Kanzlei- und Mandatsmanagement definieren und aktiv angehen. Insgesamt betrachtet gibt es jedoch besorgniserregende Diskrepanzen zwischen den Markttrends und dem Vorbereitungsgrad in den Organisationen, gleich ob Kanzlei oder Rechtsabteilung, diesen zu begegnen. Während z.B. die „Steigende Bedeutung von Legal Technology“ ein wichtiges Anliegen für 76% der Juristen darstellt, geben nur 28% an, dass ihre Organisation sehr gut darauf vorbereitet ist.

Unbegründete Sorge vor dem initialen Aufwand

Wenn nicht gerade eine Pandemie die Einführung einer Software ungeplant beschleunigt, steht oft die Sorge vor einem großen initialen Aufwand der Digitalisierung bestehender und zumeist noch eher eingefahrener Prozesse im Weg. Diese Sorge ist jedoch oftmals unbegründet. Und schnell wird Kanzleien und Rechtsabteilungen in der Umstellung auf digitale Rechercheangebote und Lösungen deutlich, dass sich diese digitalen, zum Großteil in der Cloud und damit systemunabhängig verfügbaren Produkte umgehend implementieren lassen und sofort nutzbar sind – ganz ohne langwierige Planung, interne Abstimmung und umfangreichen Schulungsbedarf.

Wichtig ist dabei, dass die Arbeitsabläufe und Prozesse ebenfalls an das neue, digitalere und integrierte Arbeiten angepasst werden. Letztlich gehen deutliche Effizienzgewinne und schlankere Arbeitsabläufe automatisch einher mit der Einführung neuer Tools. Dennoch sollte die Umstellung der Prozesse vor der Einführung bereits Teil der strategischen Planung sein. Hier hilft es, einen Technologiepartner an seiner Seite zu haben, der nicht nur einen Ausschnitt im juristischen Workflow, sondern sämtliche Arbeitsschritte versteht und entsprechende Erfahrung in der Digitalisierung sowie entsprechende Lösungen mitbringt.

 

Über die Autoren:

Ralph Vonderstein
Geschäftsführer und Leiter des Geschäftsbereichs
Legal Software, Wolters Kluwer Deutschland.

Christian Lindemann
Geschäftsführer und Leiter des Geschäftsbereichs
Legal & Regulatory, Wolters Kluwer Deutschland.