Individuelle digitale Zusammenarbeit von Steuerberater und Mandant - In der Bandbreite zwischen Schuhkarton und papierloser Buchhaltung liegt die Chance, jeden Mandanten optimal zu beraten

von Annett Kraut, Leiterin Produktmanagement und Service Online-Lösungen Rechnungswesen bei der DATEV eG in Nürnberg

ELSTER, E-Bilanz und ELStAM machen es vor: Die Zusammenarbeit zwischen Steuerberater, Finanzbehörden und Sozialversicherungsträgern wird zunehmend voll digitalisiert. Papierausdrucke gibt es in diesem Prozess so gut wie nicht mehr. Und das eGovernment sieht auch für die Zukunft noch einige Änderungen vor.

Seit knapp zehn Jahren gibt es Portale und Softwareangebote, um die Zusammenarbeit zu digitalisieren. Im Vordergrund steht immer ein reibungsloser Prozess, mit weniger Aufwand für Kanzlei und für den Mandanten.

Digitale Möglichkeiten für Unternehmen

Bekanntestes Szenario ist der Austausch von Buchungsbelegen für die Erstellung der Buchführung in der Kanzlei. Der alte Pendelordner hat ausgedient. Kanzlei und Unternehmen können jederzeit auf die digitalen Belege zugreifen und haben somit immer eine aktuelle und gemeinsame Datenbasis. Mit einer integrierten Zahlfunktion füllen sich die Zahlungsträger mit den Informationen vom digitalen Beleg fast von selbst und können vom Mandanten direkt zur Zahlung an die Bank angewiesen werden.

Auch der Buchungsprozess in der Kanzlei wird beschleunigt, da Liegezeiten nahezu entfallen und die Rechnungen schneller bearbeitet werden können. Mit Übernahme der digitalen Belege in die Buchführung werden Buchungsvorschläge erzeugt. Dabei verknüpfen sich Buchung und Rechnung, wodurch sich die Beleginformationen jederzeit schnell auffinden lassen. Mit einer Notizfunktion kann der Mandant noch pro Beleg Hinweise für den Buchhalter in der Kanzlei mitgeben. Auch die Kontoumsätze kann der Mandant elektronisch prüfen – bei Bedarf sogar automatisch und mit Zuordnung des digitalen Belegs. Barkassenbestände können elektronisch und GOB-konform in Kassenbüchern geführt werden.

Gleiches gilt für die Zusammenarbeit bei der Entgeltabrechnung. Personalstamm- und Bewegungsdaten für die Lohnabrechnung können elektronisch vorerfasst und dann von der Kanzlei für die Abrechnung der Löhne und Gehälter verwendet werden. Auch die Arbeitnehmer können von der digitalen Zusammenarbeit profitieren: Es ist möglich, Entgeltabrechnungen papierlos direkt über ein Portal an die Arbeitnehmer zuzustellen.

Die digitale Zusammenarbeit hört bei der Datenerfassung durch den Mandanten nicht auf. Die Kanzlei kann darüber hinaus vom Mandanten benötigte Auswertungen aus der Finanzbuchführung, Kostenrechnung und Personalwirtschaft zur Verfügung stellen. So stehen die Unterlagen für betriebswirtschaftliche Entscheidungen zentral in einem Auswertungsmanagementsystem rund um die Uhr zur Verfügung.

Selbst die Freigabe der elektronischen Steuererklärung kann der Mandant elektronisch erteilen.

Einen neuen Aspekt in der Digitalisierung bringt das sogenannte Ersetzende Scannen: Derzeit werden häufig zusätzlich zur digitalen Ablage noch die Papieroriginale in Aktenordnern im Unternehmen archiviert. Das bedeutet nicht nur doppelten Aufwand, sondern ist auch platzraubend. Das Ersetzende Scannen macht es möglich, dass Mandanten zukünftig originale Buchungsbelege wie gescannte Eingangsrechnungen nicht mehr im Papierformat aufbewahren müssen. Eine wesentliche Grundlage dafür haben die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV e. V.) mit der im Berufsrechtlichen Handbuch veröffentlichten Muster-Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen von Buchungsbelegen geschaffen. Diese sorgt für eine strukturierte Vorgehensweise inklusive Dokumentation und vereinfacht die Einführung des Ersetzenden Scannens beim Mandanten.

Mandanten an Digitalisierung heranführen

Digital kann mittlerweile also grundsätzlich jeder Prozessschritt gestaltet werden. Auch sind die Vorteile der Digitalisierung evident. Effizientere Arbeit, geringere Fehlerquote, ortsunabhängiger Zugriff auf Informationen und Auswertungen, schlanke und mühelos durchsuchbare Archive sind Sachargumente, die für die Mandanten unmittelbar nachvollziehbar sind. Dennoch ist bei vielen Mandanten noch ein Festhalten am Papier festzustellen. Die dazu geäußerten Gründe dafür sind vielfältig. Genannt werden etwa Umstellungskosten, erhöhter Einarbeitungsbedarf sowie die Sorge vor der Abhängigkeit von Technik. Auch sind gerade viele kleinere Unternehmen der Meinung, dass sich die Digitalisierung für sie nicht lohnt oder sie sind zu sehr auf ihr Kerngeschäft fokussiert, um sich auf Digitalisierungsfragen einzulassen. Dies führt in der Praxis häufig dazu, dass die Digitalisierung mit dem Mandanten nicht angegangen wird.

Für alle Beteiligten kann es jedoch vorteilhaft sein, sich die Gründe für die Ablehnung anzuschauen. Häufig hilft auch schon, dem Mandanten konkretere Information zu geben, zu den Digitalisierungsschritten, die für sein Unternehmen sinnvoll sein können. Viele Mandanten überschätzen den Aufwand und unterschätzen den Vorteil. Hier kann eine schrittweise Digitalisierung hilfreich sein, da der Umstellungsaufwand vom Grad der Digitalisierung abhängig ist.

Persönlicher Kontakt zum Mandanten wächst durch Digitalisierung

Eine digitale Zusammenarbeit ersetzt natürlich nicht den persönlichen Kontakt zum Mandanten. Ganz im Gegenteil ergeben sich durch die bequeme und schnellere Bereitstellung von Informationen und Unterlagen deutlich mehr Ansatzpunkte für den persönlichen Austausch.

Quelle DStR 41/2015