Verfahrensdokumentation: Kanzlei reduziert Aufwand mit Hilfe von Standardisierung

von Sven Hansel, Fachjournalist für Informationstechnologie im Unternehmenseinsatz

Digitale Prozesse sind heute im Kanzleialltag allgegenwärtig. Die von der Finanzverwaltung aufgestellten GoBD verlangen für eine ordnungsgemäße Buchhaltung die Erstellung einer Verfahrensdokumentation. Dieser Prozess ist jedoch mit einem hohen Zeit- und somit Kostenaufwand verbunden. Eine nordrhein-westfälische Kanzlei hat jetzt einen innovativen Weg gefunden, diese Aufwände erheblich zu reduzieren.

Dem Markt geht es grundsätzlich prächtig. Die Consultants von Lünendonk rechnen für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mit einem Umsatzplus von gut fünf Prozent für das laufende Jahr – unter bestimmten Bedingungen:

Neue Möglichkeiten des Wachstums und der Differenzierung, so die Fachleute, eröffne demnach die Digitalisierung den Unternehmen. Sie werde aber auch zu einer weiteren Konsolidierung führen. „Denn Datenanalyse, Prozesssicherheit, neue Servicelevel und Arbeitsweisen bringen Veränderungen und entsprechende Investitionen mit sich“, so die Lünendonk-Consultants. Vor allem der Punkt Prozesssicherheit ist hier entscheidend. Dazu eine kurze Rückblende.

Weisung des Finanzministeriums ist eindeutig

Bereits 2014 stellte das Bundesfinanzministerium in seinen „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) unmissverständlich klar, dass sich die Ordnungsmäßigkeit der IT-gestützten Finanzbuchhaltung nur mit einer Verfahrensdokumentation (Rz. 151) beurteilen lässt. In dieser Dokumentation werden die organisatorisch und technisch gewollten Prozesse beschrieben. Sie bestehen in der Regel aus einer allgemeinen Beschreibung der Verfahren und eingesetzten Systeme. Wesentlich für das Verständnis der Systeme sind zudem eine Nutzerdokumentation und Vorgaben zur Bedienung sowie eine technische Systemdokumentation (Rz. 152).

Bis dato existiert keine als allgemeiner Handelsbrauch anerkannte Verfahrensdokumentation. Es gibt lediglich zwei Mustervorlagen, eine für das so genannte Ersetzende Scannen und eine weitere für die geordnete Belegablage.

„Nach unseren Erfahrungen war es kaum möglich, für kleine Unternehmen mit einem vertretbaren Aufwand eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. In der Konsequenz einer sodann formell unzureichenden Buchführung, sind diese Unternehmen Hinzuschätzungen der Finanzverwaltung wehrlos ausgesetzt“, so Thomas Schäfer, Partner bei dhs. Er sieht in den GoBD sogar eine Innovationsbremse, „da für Unternehmen, die die Digitalisierung vorantreiben möchten, zusätzliche Hürden aufgebaut werden“.

Diese Gedanken haben die Fachleute der nordrhein-westfälischen Kanzlei zum Anlass genommen, auf der Grundlage der beiden Muster eine Verfahrensdokumentation für die GoBD zu entwickeln. Diese verknüpft die Prozesse innerhalb der Kanzlei mit denen der Unternehmen. Sie besteht aus drei Teilen:

• 1. Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen (für die Belegeingangsseite)
• 2. Verfahrensdokumentation „Kanzlei“ (für die Finanz-, Lohnbuchhaltung und Jahresabschlusserstellung [ausgelagerte Prozesse])
• 3. Verfahrensdokumentation „Unternehmen“ (für sämtliche unternehmensindividuellen IT-Prozesse, wie beispielsweise das Auftragswesen, Rechnungsausgang, Zeiterfassung oder Warenwirtschaft)

Der Clou an dieser Vorgehensweise ist folgender: Die Dreiteilung ermöglicht eine deutlich günstigere Erstellung und turnusmäßige Anpassung der Dokumentation. Die Verfahrensdokumentation „Kanzlei“ kann unterjährig unabhängig von den Prozessen der Mandanten gepflegt werden. Entsprechend können die Mandanten in der Verfahrensdokumentation „Unternehmen“ eigene Anpassungen vornehmen.

Zudem ermöglicht die Kanzlei sämtlichen Mandanten das Ersetzende Scannen. Hierbei stellt die Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen einen ersten Einstieg für den Mandanten in das Thema Digitalisierung dar. Die Belege werden im Unternehmen oder in der Kanzlei von Enteos eingescannt, und dieser Scannvorgang wurde vom Bundesamt in der Sicherheitsund Informationstechnik (BSI) zertifiziert. Er entspricht der BSI TR-03138 Technische Richtlinie zum Ersetzenden Scannen (RESISCAN). Dieses Zertifikat ist ein wesentlicher Bestandteil der Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen.                                                    Unternehmensindividuelle Vorgänge, wie der Posteingang und die Rechnungseingangskontrolle sowie die Vernichtung der Papierbelege, sind noch die einzigen, die zu dokumentieren sind. Die weiteren Prozessschritte des Scanvorgangs bis zur Speicherung und Archivierung werden von der Kanzlei vorgegeben und sind zertifiziert.

Veränderungen beim Scanvorgang werden regelmäßig im Rahmen der Zertifizierung – auf diesem Wege für alle Mandanten – dokumentiert und modulartig in die Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen eingefügt. Insoweit entfallen auch hier aufwändige individuelle Dokumentationspflichten. Einzig die Verfahrensdokumentation „Unternehmen“ ist mandantenindividuell zu erstellen und anzupassen. Diese standardisierte und in weiten Teilen zertifizierte Vorgehensweise reduziert den Aufwand in der Kanzlei und hat eine hohe Akzeptanz beim Mandanten. „Nach unseren Erfahrungen ist es nunmehr mit einem Aufwand von zirka einem Arbeitstag möglich, selbst für kleine Unternehmen das Ersetzende Scannen anzubieten“, berichtet Klaus Dähnert, Partner der Kanzlei dhs aus Lemgo. Bei der Aufnahme der Verfahrensdokumentation zum Ersetzenden Scannen erhält der Mandant bereits wertvolle Hinweise zu notwendigen Anpassungen der unternehmensinternen IT-Systeme im Hinblick auf die GoBD-Konformität. So kann der Mandant schon Vorbereitungen für die spätere Erstellung der Verfahrensdokumentation „Unternehmen“ treffen.

In dem von Enteos und dhs entwickelten Verfahren ist technisch selbstverständlich gewährleistet, dass von der Parkhaus-Quittung bis zum Großbeleg sämtliche Dokumente ordnungsgemäß archiviert werden, und dies wurde von Enteos schon bei zahlreichen Kanzleien erfolgreich umgesetzt. Anschließend wird das Belegbild des Scans in die hochsicheren Rechenzentren der DATEV übertragen. Dort lässt er sich wiederum mandantenseitig komfortabel in der DATEV-Software weiterverarbeiten.

Quelle DStR 13/2017