Prüfungsängste im Studium - Anregungen zum Umgang

Prüfungsangst
von Prof. Dr. Kurt W. Koeder

Prüfungsängste

Prüfungen schriftlicher und mündlicher Art sind für Studierende oftmals eine bedrohliche Angelegenheit. Bereits der Gedanke an Klausuren erzeugt meist ein Unbehagen. Dabei beeinträchtigen Prüfungsängste in nicht unerheblichem Maße die Leistungsfähigkeit und auch die Leistungsbereitschaft vieler Betroffener. Zu deren Abbau ist es wichtig, Prüfungsängste zu erkennen und geeignete Methoden wirkungsvoll zu kombinieren sowie sich frühzeitig mit formalen Bedingungen und Anregungen zum Studium vertraut zu machen.

In unserer Gesellschaft, die in hohem Maße auf Prüfungen ausgerichtet ist, stellt die Angst davor eine immer gegenwärtige Erscheinung dar, so auch insbesondere im Studium. Gerade hier wird noch zu stark der Standpunkt vertreten, dass jede/r Kandidat/in mit Prüfungen zurechtkommen muss. Selbst mit fundiertem Wissen ausgestattete Studierende ver­sagen häufig, da diese durch Ängste in ihren Fähigkeiten, ihrer Bereitschaft und der Motivation beeinträchtigt werden. So können sich Prüfungsängste zum einen auf den normalen Rhythmus des körperlichen Geschehens auswirken (z.B. Magen- und Darmbeschwerden), zum anderen aber auch auf bestimmte Gegebenheiten im geistigen Bereich (z.B. Selbstzweifel, Selbstwertgefühl, Hilflosigkeit, Gedankensperre, innerliche Selbstaufgabe). Merken Sie sich, einheitliche Symptome für Prüfungsangst gibt es nicht, sie sind unterschiedlich stark und individuell ausgeprägt und können in den verschiedensten Formen auftreten wie z.B. in Anzeichen im Verhalten, im seelischen Befinden, im geistigen Bereich, aber auch in körperlichen Symptomen. Dabei zählen Schweißausbrüche, kalte Hände oder rote Flecken am Hals zu den eher harmlosen Auswirkungen von Prüfungsangst. Wesentlich unangenehmere Folgen sind Übelkeit, Erinnerungsverlust, Schwindel, Schlafstörungen oder Blackouts.

Weitere Ängste, die Ihre Konzentration und damit die Prüfungsleistungen beeinflussen können, sind zum einen Lebensängste wie z.B. Studienabschluss und Arbeitsmarkt, zum anderen Leistungsangst und Leistungshemmungen wie Misserfolgserlebnisse aus der gymnasialen Schulzeit, mangelnde Motivation durch die falsche Studienfachwahl, Probleme in der Familie oder Partnerschaftsbeziehung, soziale Isolation und Kontaktarmut am Studienort, Versagensängste u.v.m. Zusätzliche Ursachen für Prüfungsängste im Jurastudium liegen sehr häufig im immensen Stoffumfang, in  der Prüfungsstruktur (dicht aufeinander folgende Klausuren von bis zu fünf Stunden), im Notenstress (Prädikatsexamen für bestimmte Berufslaufbahnen), in der Struktur des Studiums (viel Theoriewissen) und in der Struktur der Notenvergabe (strenge Regeln durch strenge Punkte- und Notenvergabe), so auch Ergebnisse der Untersuchung JURstress der Universität Regensburg.

Eine Verdrängung dieser Gegebenheiten ist dabei ein ebenso schlechter Ratgeber wie die Angst vor der Angst. Einheitliche Symptome und Gründe für Klausurängste gibt es nicht, sie sind von Person zu Person unterschiedlich stark ausgeprägt und treten in den verschiedensten Formen auf. Zum Abbau derartiger Angstzustände gibt es keine allgemein verbindlichen Erfolgsrezepte, wichtig ist, dass Sie diese frühzeitig erkennen und sich darum kümmern.

Hilfestellungen bei Prüfungsängsten durch die Uni/Hochschule

Jede Universität/Hochschule in Deutschland bietet für Studierende in Sachen »Prüfungsängste bewältigen« psychische Stabilisierungsmaßnahmen an wie z.B. psychologische Beratung durch Fachleute. Diese kann sowohl online (Prüfungsangst Bewältigen Online PBO) als auch telefonisch erfolgen und insbesondere persönlich durch individuelle Beratung in Gesprächen sowie durch Workshops und Coaching. Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig mit dem Thema Prüfungen und Prüfungsängste auseinandersetzen, nicht erst drei Wochen vor den anstehenden Klausuren in Ihrem Studienfach. Scheuen Sie sich nicht und suchen Sie die zahlreichen Veranstaltungen hierzu auf und nehmen Sie die Hilfestellungen in persönlichen Gesprächen an, auch mit Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen an Ihrer Universität/Hochschule. Holen Sie sich Unterstützung. Ein Leben ohne Ängste gibt es nicht. Lernen Sie daher mit diesen Studienängsten umzugehen, ohne dass diese Sie so beherrschen, dass Sie handlungsunfähig werden. Schon die Erkenntnis hilft, sich dagegen zu wehren.

Zusätzliche Anregungen für das Prüfungslernen

Sie wissen bereits jetzt, dass Ihre Vorbereitung auf eine Klausur schon am Tag Ihrer Entscheidung für die Aufnahme des Jurastudiums begonnen hat. Das Ergebnis Ihrer Klausur hängt stark von einer soliden und effektiven Vorbereitung auf diesen Leistungsnachweis und von einem angemessen geplanten Lernzeitraum ab sowie von bestimmten Verhaltensweisen und -regeln im Vorfeld (psychische Stabilisierung). Der Schlüssel zum Studienerfolg liegt im Besuch der Lehrveranstaltungen, dem Wiederholen, Üben und sich stetig Bemühen. Hier jetzt noch einige Denkanstöße und Instrumente, die Sie je nach individueller Notwendigkeit beherzigen sollten, denn auch diese tragen zur Bewältigung von Prüfungsängsten bei:

  • Klarheit über Prüfungsanforderungen gewinnen, z.B. Inhaltsschwerpunkte, Klausurart;
  • Gespräche mit »höheren Semestern« zum Thema Prüfungen, Prüfungsklausuren, »alte Prüfungsklausuren« besorgen; 
  • verschiedene Lernarten/-techniken einsetzen wie z.B. Fälle aus Arbeitsgemeinschaften, Repetitorien, Lernkartei (digitale Online-Tools), Skripte, Urteile, Lernapps und Verknüpfung dieser Lernstrategien (abwechslungsreiches Lernen);
  • in Lerngruppen arbeiten, diskutieren, üben, erklären lassen;
  • Lernplan erstellen mit Tagesplänen (Lernziele), Lerntagebuch, Freizeit;
  • Arbeitsmaterial in Ordnung und aktuell halten (schneller Zugriff);
  • nicht zu lange und nicht in Zeiten erhöhter Müdigkeit (nachts) lernen;
  • realistische Ansprüche an sich selbst stellen, z.B. »In dieser Klausur schaffe ich nur eine befriedigend/soundsoviele Punkte«;
  • Leitfäden zum effektiven Lernen der Unis/Hochschulen sowie die zahlreichen Youtube-Angebote nutzen;
  • individuelle Selbstbewältigungsstrategien befolgen wie z.B. »Ich schaffe das«, »Das wäre doch gelacht …«;
  • Entspannungsübungen und Pausen einlegen für Geist, Körper und Seele;
  • ausgewogene Ernährung und Bewegung;
  • Belohnen Sie sich bei einer sehr guten oder guten Klausur z.B. mit Essengehen.
  • Beim ersten Mal ist Nichtbestehen keine Sackgasse. Sie können Klausuren wiederholen. Sie haben alles getan, was sie konnten.

Setzen Sie auch, wenn es für Sie wichtig ist und Sie in Lernphasen und Klausuren beruhigt, auf Rituale und Glücksbringer, z.B. Stofftiere, ein Foto eines Familienangehörigen, Traubenzucker oder Glückssteine. Auch wenn diese keinen Zusammenhang mit Ihrer Prüfungsleistung erkennen lassen, halten Sie daran fest. Der Glaube kann Berge versetzen. Auch der Glaube an deren Wirkung kann dazu führen, weniger Angst zu haben und dadurch die Prüfungsleistung besser bewältigen zu können.

Erst wenn Sie ein Erfolgssystem aufgebaut haben, können Informationen schnell und wirksam verarbeitet werden. Systematik ist oftmals wesentlicher als Begabung bzw. Zielstrebigkeit meist wichtiger als Fleiß. Halten Sie es in diesem Zusammenhang mit Hoimar von Ditfurth, der sagte: »Es gehört Mut dazu, sich seiner Angst zu stellen und sie auszuhalten«.

Interessante Literatur:

Fehm, L. u.a.: Prüfungsangst, Göttingen 2022
Koeder, K. W.: Studieren lernen, München 2019
Metzig, W./Schuster, M.: Prüfungsangst und Lampenfieber, Berlin 2018
Walther, H.: Ohne Prüfungsangst studieren, Stuttgart 2021

Weitere Einblicke in das Thema "Prüfungsangst überwinden" erhalten Sie in einem weiteren Beitrag auf beck-stellenmarkt.de

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Über den Autor:

Prof. Dr. Kurt W. Koeder
ist Professor an der Hochschule Mainz und lehrt HR-Management. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit studienmethodischen und lernpsychologischen Fragestellungen in Lehre und Forschung.

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