LL.M. in Kunstrecht an der Queen Mary University of London

von Felix J. Wahler

Nach langen Monaten der Examensvorbereitung, an  welche sich ein eintöniger Corona-Lockdown anschloss, versprach ein LL.M. in London den Aufbruch zu neuen Ufern. In meinem Master in Art, Business and Law an der Queen Mary University of London (QMUL) konnte ich das Nischengebiet Kunstrecht global und interdisziplinär studieren. Was kann persönlich wie fachlich lehrreicher sein, als in der Weltstadt London vor dem Parthenon-Fries im British Museum mit internationalen Studierenden über Restitution zu diskutieren?

Vorbereitung und  Finanzierung

Die Planung meines Masterstudiums begann für mich mit der individuellen Zielsetzung. Ich strebte einen sehr spezialisierten LL.M. im Nischenfach Kunstrecht an, um meine Studienfächer Kunstgeschichte und Jura zusammenzuführen. Neben General LL.M. Programmen verwarf ich auch einen Intellectual Property LL.M. an der LSE, um mich an der QMUL ganz meinem Schwerpunkt Kunstrecht widmen zu können.

Auch die Finanzierung musste angegangen werden: Nach dem Brexit kostete ein Londoner LL.M. (etwa an LSE, QMUL oder King’s College) für europäische Studierende ab September 2021 rund 25.000 bis 30.000 Pfund. Um eine derartige Summe (inklusive der hohen Lebenshaltungskosten in London) zu stemmen, ist man auf Stipendien angewiesen – in meinem Fall wurde die Finanzierung durch die Studienstiftung und zwei Stipendien der QMUL gewährleistet. Alternativ muss man auf Ersparnisse oder einen Studienkredit zurückgreifen.

Studium

Als willkommener Kontrapunkt zum deutschen System hat man im Londoner Studium bei der Wahl seiner inhaltlichen Schwerpunkte freie Hand. Dies beginnt mit den Akzenten, die man bei den Leselisten in den jeweiligen Kursen setzt. Weiterhin gilt es für die einzelnen Essays, eigenständig eine lohnende Forschungsfrage zu entwickeln. Kreatives Denken und Originalität – im deutschen Studium weniger zentral – können hier erprobt werden.

Viele Masterstudiengänge sind in England zudem interdisziplinär ausgerichtet. Dies bedeutete für meinen LL.M., das Thema Kunst nicht nur aus juristischer Perspektive zu betrachten, sondern auch kunstphilosophische oder wirtschaftliche Fragestellungen miteinzubeziehen. So diskutierten wir zum Beispiel über folgende Fragen:

  • Was macht Marcel Duchamps Fountain zum  Kunstwerk?
  • Wie kann man der Intransparenz des Kunst marktes begegnen?

Klassisch juristische Themen waren z.B. die Vertragsgestaltung einer Galerie oder erfolgversprechende Formen der Streitbeilegung, etwa bei einem Disput um die Authentizität eines Gemäldes.

Gewinnbringend war weiterhin die Nähe zu den Dozierenden, die für den anglo-amerikanischen Studienraum typisch ist. In meinem Fall ergab sich aus einem Seminar ein mehrmonatiges Forschungsprojekt mit einer Professorin zu NS-Raubkunst. Parallel dazu schrieb ich meine Masterarbeit bei derselben Professorin über NS-Raubkunst in Privatsammlungen und absolvierte nebenbei ein inspirierendes Praktikum beim Londoner Art Loss Register. So ergaben sich wertvolle Synergieeffekte. Ohne den unmittelbaren Kontakt im Seminarkontext wäre dies nur schwer realisierbar gewesen.

Die kleine Größe der Seminare bot zudem einen passen den Rahmen für angeregte Debatten. Neben den fachlichen Begegnungen wurden dort auch persönliche Kontakte ermöglicht – ich erlebte es als große Bereicherung, mit Studierenden aus der ganzen Welt zusammenzutreffen. Wermutstropfen des Masters war jedoch, dass derartige Begegnungen im Nachklang der Corona-Pandemie noch allzu oft im Digitalen stattfanden.

Außeruniversitäres

Das Kulturleben Londons ist in seiner Vielfalt wohl einzigartig. In London kann man an der Universität jegliches Hobby kultivieren (ich war etwa Teil der Big Band und des Sinfonieorchesters der QMUL); man kann sich mit der ältesten und brandneusten Kunst aus der ganzen Welt befassen, man hat die Wahl zwischen hochkarätigen Konzerten und Theateraufführungen und man kann die kulinarischen Spezialitäten jeglicher internationalen Küche erleben. Vieles hiervon hat einen hohen Preis und die Stadt und seine Kulturangebote sind schnelllebig. Auch die schiere Größe Londons mag den einen oder anderen überfordern. Wo London auf der Skala zwischen Traumstadt und Moloch rangiert, bleibt letztlich eine individuelle Frage. Ganz sicher erweitert die Stadt jedoch den eigenen Erfahrungsschatz beträchtlich.

Ertrag des LL.M.

Die Horizonterweiterung, die ein LL.M. im (englischsprachigen) Ausland bietet, ist nicht zu unterschätzen: Ein Auslandsmaster schult den juristischen Blick und kann das systematische deutsche Jurastudium mit interdisziplinärer Kreativität ergänzen. Außerdem schult ein Master – zumal in einer Weltstadt – die Persönlichkeit: Einerseits erwirbt man wertvolle zwischenmenschliche und interkulturelle Kompetenzen. Andererseits lernt man, sich in einem neuen Umfeld zu behaupten. Es lohnt sich also, die finanziellen Hürden eines LL.M.- Studiums in Kauf zu nehmen. Denn es winkt ein Jahr, in dem man sich charakterlich wie fachlich nachhaltig weiterentwickelt.

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Über den Autor:

Felix J. Wahler, LL.M.
studierte in München, Rom und London Rechtswissenschaften und Kunstgeschichte. Nach Abschluss seines Bachelors in Kunstgeschichte an der LMU München und des LL.M.-Programms in Art, Business and Law an der Queen Mary University of London absolviert er derzeit sein Rechtsreferendariat am OLG München.

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