Bei Sturm dringt über Fenster und Türen Wasser ins Gebäude? – Infos zur Analyse der Schlagregendichtheit

Schlagregen Immobilien
von Alexander Dupp

Die Klimaerwärmung führt aufgrund höherer Verdunstung zu vermehrtem Regen. Gebäudeeigentümer müssen demnach mit zunehmenden Risiken durch Sturm und Regen rechnen. Ein Sachverständiger gibt einen Einblick in die Grundlagen der Schlagregendichtheit.

Die in der Europäischen Produktnorm für Fenster und Außentüren (EN 14351-1) definierten Leistungseigenschaften sind in Deutschland in der DIN 18055 (letzte Ausgabe 2020-09) festgehalten, diese definiert die nationalen Anforderungen für insgesamt 20 Eigenschaften. Der Artikel beschäftigt sich vorrangig mit der Schlagregendichtheit, da es hier zu unerwarteten Schäden kommen kann. Für die Schlagregendichtheit ausschlaggebend sind die Windzone, die Geländekategorie, die Gebäudehöhe und der Winddruck.

Die Windzone

In der DIN 18055 wird definiert: „DIN EN 1991-1-4/NA unterscheidet zwischen vier Windzonen. Die Einteilung erfolgt nach der Bezugswindgeschwindigkeit, die als 10-Minuten-Mittel der Windgeschwindigkeiten in 10 m Höhe über Grund in ebenem offenen Gelände bei einer jährlichen Überschreitungswahrscheinlichkeit von 0,02 definiert ist.“

Demnach ist Deutschland in vier Windzonen eingeteilt:
 

Windzone

Bezugswindgeschwindigkeit

Windstärke

 

m/s

km/h

 

1

22,5

81

9

2

25

90

10

3

27,5

99

10

4

30

108

11

Im Wesentlichen befindet sich die Windzone 1 im mittleren und südlichen Bereich Deutschlands, die Windzone 2 im nördlichen und östlichen Bereich und im Voralpenland und die Windzone 3 im nördlichen Bereich in Küstennähe. Die Windzone 4 findet man an den Küsten und auf den Inseln der Nord- und Ostsee 

Die Geländekategorie

Es werden vier Geländekategorien unterschieden:

  • Geländekategorie I: offene See, See mit mindestens 5 km freier Fläche in Windrichtung und glattes, flaches Land ohne Hindernisse.
  • Geländekategorie II: Gelände mit Hecken, einzelnen Gehöften, Häusern oder Bäumen, z.B. landwirtschaftliche Gebiete.
  • Geländekategorie III: Vorstädte, Industrie- oder Gewerbegebiete und Wälder.
  • Geländekategorie IV: Stadtgebiete, bei denen mindestens 15 % der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m überschreitet.

Bei der Bemessung der Schlagregendichtheit wird nach dem vereinfachten und dem genauen Verfahren unterschieden, die beide auf dem Eurocode 1, DIN EN 1991-1-4 basieren.

Gebäudehöhe und Winddruck

Gebäudehöhe – Die früher wichtige Einbauhöhe eines Fensters gibt es nach der DIN 18055 nicht mehr. Relevant ist nur noch die Gebäudehöhe. Der Staudruck ermittelt sich aus dem Verfahren zur Ermittlung der Bemessungswindlast.

Randbereich vs. Mittenbereich – Ein Gebäude unterteilt sich in den Randbereich (1/5 der Gebäudebreite) und den Mittenbereich (s. Bild 2). Bei der Anströmung eines Gebäudes mit Wind gibt es die angeströmte Fläche (Winddruck) und die abgewandte Fläche (Windsog).

Winddruck vs. Windsog – Das Gebäude steht je nach Ausrichtung verschieden „im Wind“. Bei der Anströmung des Gebäudes baut sich Winddruck auf, bei der Umströmung des Gebäudes tritt Windsog auf. Der Winddruck ist ausschlaggebend für die Schlagregendichtheit und der Windsog für die Auslegung der Widerstandsfähigkeit gegen Windlast. Die Windsogkräfte sind höher als die Winddruckkräfte auf der angeströmten Seite.

Himmelsrichtung – Es wird kein Unterschied zwischen den einzelnen Gebäudeseiten gemacht, da Wind und Regen aus jeder Himmelsrichtung kommen können. Dennoch gibt es eine statistische Häufung und einzelne Gebäudeseiten sind stärker belastet (in Deutschland ist dies meist die Westseite).

Bei einem entstandenen Schaden sind somit verschiedene Fragen zu klären, die bei der Beurteilung wichtig sind.

Ein Beispiel: eine Immobilie in München, Höhe 15 m mit einem Schlagregenschaden.

  • In welcher Windzone liegt die Immobilie? – Zone 2
  • In welcher Geländekategorie liegt München? – Binnenland
  • Gibt es Besonderheiten bei dem konkreten Objekt (beispielsweise exponierte Lagen und Gebäudeformen oder besondere Höhen?

Es gilt also: die Parameter und die daraus resultierenden Leistungsklassen müssen den tatsächlichen Witterungsbedingungen vor Ort angepasst worden sein.

Bei extremen Witterungsbedingungen, mit überdurchschnittlichen Windgeschwindigkeiten und Niederschlagsmengen, kann in geringen Mengen Feuchtigkeit in den Falzbereich eintreten. Ein Durchdringen von Niederschlagswasser durch die Konstruktion Flügel und Rahmen nach innen stellt jedoch eine Mangelhaftigkeit dar. In diesem Fall muss überprüft werden, wodurch dieser Feuchtigkeitseintritt entstanden ist. War es eine nicht anliegende Dichtung oder ist die Konstruktion als solches mit Mangelhaftigkeiten und Schadhaftigkeiten versehen? Oder entspricht sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik und wurde sie sach- und fachgerecht verarbeitet?

Fazit

Hersteller von Fenstern und Türen unterliegen einer Prüf- und Sorgfaltspflicht. Aus dieser können sich höhere Anforderungen ergeben, die zu erfüllen sind und zum deklarierten Wert im CE-Zeichen passen müssen. Kommt es zum Schadensfall und die im CE-Zeichen deklarierten Werte passen nicht zur Beanspruchung im Gebäude, so ist die Leistung unzureichend. „Theoretisch berechnete Werte müssen nicht zur Praxis passen“!

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Hinweis zum Autor:

Alexander Dupp
ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischler-Handwerk und Rollladen- u. Sonnenschutztechniker-Handwerk sowie int. zertifiziert und zugelassen nach DIN EN ISO/IEC 17024.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der NJW 14/23.

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