„Noch viel Luft nach oben“: Sprachtechnologien – Digitale Game-Changer in der Rechtsbranche

Eine Frau in einem Büro spricht in ein Diktiergerät
von Buen Ibrahimi

Mehr Umsatz mit weniger Personal, mehr Output mit weniger Aufwand: Das sind – grob gefasst – die Herausforderungen der nationalen wie internationalen juristischen Branche. Alle wissen, Digitalisierung lautet das Zauberwort, um diesen Anforderungen gerecht zu werden und diese bewältigen zu können. An ihr führt kein Weg mehr vorbei.

Wie digitalisiert ist nun die deutschsprachige Anwaltswelt? Wie viel wird schon umgesetzt, und welche Weichen müssen noch gestellt werden? Philips Dictation hat dazu vor wenigen Monaten 200 CIOs und IT-Experten aus dem juristischen Umfeld in DACH befragt und das Ergebnis ist: durchwachsen, je nach Reifegrad der Digitalisierung und Größe des Unternehmens.

Im Mittelpunkt der Umfrage steht das Thema Sprachtechnologie, also Diktate und Spracherkennung in jeder Form, ob analog, digital, ob in einen Workflow eingebunden oder (noch) nicht. Befragt wurden kleine und große Kanzleien sowie Unternehmensberatungen mit Rechtsbereich.

Digitalisierung hilft bei Fachkräftemangel

So kann Effizienz aussehen: Wenn beispielsweise ein Anwalt bzw. eine Anwältin auf dem Weg vom Gericht Verhandlungsergebnisse diktiert und den fertigen Bericht in der Kanzlei nur noch zeichnen muss. Die Welt der Juristen und Juristinnen weiß traditionell, dass in der Spracherkennung eine Reihe von Vorteilen liegt, die den Arbeitsalltag einfacher und zeitökonomischer gestalten.

Moderne Technologien schaffen jedoch viel mehr: Sie erkennen gesprochene Sprache mit Hilfe von KI, wandeln sie in Text um und verbinden diese Ergebnisse mit Workflows. Und doch werden in der Juristenbranche noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, was aufgrund des Fachkräftemangels und des Schwindens eines gesamten Berufsstandes wie den Rechtsanwaltsfachkräften verwundert. Digitale Lösungen können einen Großteil der liegengebliebenen Aufgaben definitiv übernehmen.

Die Ergebnisse im Detail

Je größer eine Organisation und je mehr Menschen kooperieren, desto größer die Notwendigkeit und der Anspruch an Digitalisierung. Aktuell, so die Studie, wird in größeren juristischen Organisationen eher Sprache als User-Interface für Diktate, Dokumentationen, Berichte etc. verwendet als in kleineren Kanzleien.

Bei den Unternehmensberatungen mit Rechtsbereich arbeitet rund die Hälfte mit Sprachtechnologie-Lösungen. Ein höherer Abstimmungsaufwand sowie der Wunsch junger Mitarbeitender nach einem State-of-the-Art-Arbeitsplatz erhöhen den Reifegrad der Digitalisierung im Sprachtechnologie-Bereich. Ein weiterer Pain-Point ist der Kosten- und Leistungsdruck, dem größere Organisationen oftmals stärker (oder früher) ausgesetzt sind als kleinere.

Im Vergleich zu den Durchdringungsraten bei Unternehmensberatungen mit Rechtsbereich (vereinzelt bis zu 70 % bei digitalen Sprachtechnologien) haben (kleinere) juristische Kanzleien definitiv Nachholbedarf. Wenn in einer Kanzlei Teammitglieder offline miteinander arbeiten, sind Abstimmungs- und Koordinationsaufwände naturgemäß geringer. Doch auch hier ändert sich die Lage, sobald hybrides Arbeiten, inklusive Homeoffice, ins Spiel kommt.

Konkret: In den Anwaltskanzleien arbeiten 50 % mit Diktaten, wobei ein Drittel diese auch digital (weiter)verarbeitet. Diktate mit Spracherkennung automatisiert in einen Workflow einzubinden, das haben immerhin 40 % der befragten Kanzleien vor. Liegt in juristischen Kanzleien noch das Diktiergerät auf dem Schreibtisch, so nutzt fast jede zweite Unternehmensberatung bereits Sprachdialogsysteme.

Großer Nachholbedarf im Rechtsmarkt beim Thema Sicherheit

Dabei setzen Beratungsunternehmen vornehmlich auf zugekaufte Cloud-Lösungen (rund 60 %). Interessant: Rund ein Viertel arbeitet mit Gratis-Anwendungen, was besonders in punkto Sicherheit aufhorchen lässt. 50 % der Rechtskanzleien haben gekaufte Systeme installiert und das ist auch der Trend für die Zukunft. Eigenanwendungen nutzt ein Fünftel der Kanzleien respektive ein Drittel der Unternehmensberatungen. Ganz klar: Die Cloud setzt sich immer stärker durch. Die Nutzung von On-Premise-Lösungen bewegt sich im niedrigen einstelligen Bereich.

Auch international nicht mehr out: die Cloud

Eine ähnliche weltweit durchgeführte Studie zeigt, dass in den primär englischsprachigen Ländern (UK, USA) bereits 80 % aller befragten Juristen und Juristinnen eine „Cloud-first“ -Strategie umsetzen. Das ist eindeutig dem Trend zu hybridem und mobilem Arbeiten geschuldet. Der Cloud wird immer mehr Vertrauen entgegengebracht; nunmehr werden On-Premise Lösungen als „unsicherer“ eingestuft (70 % pro Cloud, was Sicherheit betrifft).

Angst vor Datenlecks sind oft der Grund, warum Sprachtechnologie-Lösungen in der Anwaltswelt noch nicht flächendeckend eingesetzt werden. Hier Compliance-Richtlinien zu erstellen und zu kommunizieren, steht auf der To-Do-Liste von Kanzleien und Unternehmensberatungen ganz oben.

Dennoch liegen die Vorteile von Sprachtechnologie für die befragten IT-Experten auf der Hand: Genannt wurden Qualitätssteigerungen der eigenen Leistung und das bessere Nutzen der vorhandenen Ressourcen. Es wird deutlich, wie sehr Sprachtechnologie-Lösungen dem Fachkräftemangel begegnen können. Und damit auch massive Bausteine für mehr Umsatz und Wachstum im deutschen Rechtsbereich sind.

Quellen

Techconsult GmbH Ende 2023, Online-Interviews: Sprachtechnologie als Game Changer im Unternehmen? n = 200 IT-Verantwortliche in DACH; philips-dictation_wert-volle-technologie-so-bekaempfen-kanzleien-die-inflation_ebo_de.pdf.

Thomson Reuters 2021, Medizinische Transkriptionssoftware, Europe Market Analysis, Insights and Forecast 2022-2029, Fortune Business Insights; Stellar-Performance-A-Survey-of-Stand-out-Talent-report-2021-US-Web-2.pdf (thomsonreuters.com).

 

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Über den Autor: 

Buen Ibrahimi - Account Executive bei SpeechLive

Ibrahimi ist bei bei Speech Processing Solutions, dem Unternehmen hinter Philips Dictation, für den gesamten DACH-Raum verantwortlich. Er berät und betreut Kunden über den effektiven Einsatz von Sprachtechnologie-Lösungen. Zu seinen Key Accounts zählen Unternehmen aus der deutschen Rechts- und der Gesundheitsbranche. Mehr Informationen unter www.speechlive.com.