Berufseinsteiger trifft ChatGPT & Co. – Wie KI die Steuerberatung verändert

ChatGPT
von Stefan Groß

ChatGPT ist in aller Munde, auch in der Steuer- und Rechtsberatung. Doch was bedeutet die schöne neue KI-Welt für den Berufseinsteiger? Fragen wir doch jemanden, der es wissen muss: ChatGPT. Wobei ich ChatGPT nicht gebeten habe, mir Antworten zu liefern, sondern vielmehr Fragen zu stellen, die auch einen Bewerber interessieren könnten. Konkret habe ich den Bot gefragt, welche Fragen mir ChatGPT als Bewerber zum Thema KI und Berufseinstieg in einer Kanzlei stellen würde. Hier das Ergebnis:

Nachfolgend sollen ausgewählte Aspekte aufgegriffen und in Form von Thesen dargestellt werden.1

Lernen trotz KI? – Fachliche Ausbildung bleibt essenziell

Selbst im Zeitalter von ChatGPT & Co. wird die fachliche Expertise auch weiterhin von zentraler Bedeutung sein. Nur so lassen sich in überzeugend formulierten KI-Entwürfen Fehler, Unzulänglichkeiten oder Halluzinationen entdecken. Entsprechend muss der Steuerberater oder Rechtsanwalt auch künftig in der Lage sein, anhand von Gesetzestexten, Urteilen und weiteren Quellen, rechtsichere Lösungen zu entwickeln. Diese Fertigkeiten sind essenziell, um KI-Texte zu überprüfen oder Fehler und Risiken zu erkennen.

KI kann Detailwissen übernehmen

Der zunehmende Einsatz von KI wird dazu führen, dass die Kenntnis von fachlichen Details, wie etwa einzelner Urteile zu Spezialfällen, eher an Bedeutung verlieren dürfte. Der Steuerberater oder Rechtsanwalt muss auch nicht mehr darauf konditioniert werden, Dinge auswendig zu lernen oder Fälle aus dem Gedächtnis zu lösen. Zugleich dürfte sich auch die Fortbildung von Berufseinsteigern grundlegend verändern. Ein „Learning on the Job“, bei welchem eigene Entwürfe einem Review durch erfahrene Kollegen unterzogen werden, wird obsolet, sobald die Entwürfe von der KI stammen.

Softskills – Was uns von der Maschine unterscheidet

Die Aus- und Fortbildung sollte sich entsprechend weniger darauf konzentrieren, Inhalte zu vermitteln, welche die Maschine besser beherrscht als der Mensch. Vielmehr sollte das Curriculum Lehrinhalte vorsehen, welche uns Menschen von der Maschine unterscheiden. Gemeint sind in erster Linie Softskills, mithin Fähigkeiten, welche in der juristischen oder steuerlichen Ausbildung in der Vergangenheit vielfach ein Schattendasein geführt haben. Genauso müssen Mitarbeiter von Morgen in der Lage sein, die neuen Möglichkeiten von ChatGPT & Co. spielerisch zu nutzen. Entsprechend sollten Berufseinsteiger im Umgang mit KI geschult sein.

Verantwortlicher Umgang und Risikoverständnis – Der Berater als KI-Versteher

So sollte der Berufseinsteiger – d.h. der steuerliche oder juristische Berater von morgen – über ein abstraktes Wissen zur Funktionsweise von KI-Anwendungen verfügen. Er muss lernen, diese Technologie verantwortungsvoll und reflektierend einzusetzen.
Gerade in Bezug auf „Conversational AI“ wie ChatGPT bedarf es dabei eines ausgeprägten Verständnisses zu den Risiken und Limitationen dieser Technologie. Auch die Mitwirkung an der Entwicklung und Anpassung von branchenspezifischen KI-Modellen wird sich zu einem neuen Betätigungsfeld entwickeln. Diese Art der (Digital-)Beratung fordert neben ausgewählten Sekundärfähigkeiten allerdings ein gänzlich neues Skillset.

Bühne frei für den Prompt-Engineer

Die Antworten von Sprachmodellen wie ChatGPT korrespondieren unmittelbar mit der Qualität der Anfrage. Je präziser die Eingabe, desto passgenauer die Antwort. So ist es längst eine Wissenschaft für sich, die perfekte Eingabe, auch als „Prompt“ bezeichnet, zu erstellen. Dabei lassen sich über den Prompt nicht nur Inhalte spezifizieren, weit gefehlt. Ob Sprachstil, Tonalität, Textlängen – alles nur eine Frage des Prompts. Per Prompt lassen sich Argumente finden, Bilder und Videos generieren oder Programmcodes erzeugen. Prompts effektiv einzusetzen, wird entsprechend nicht nur im Steuerrecht zu einer wichtigen Kernkompetenz. Perfekt beherrscht dies der Prompt-Engineer, der in der Lage ist, Anfragen an die Sprachmodelle derart präzise zu stellen, dass die Antworten möglichst passgenau ausfallen.

Wertvolle Mensch-Maschine-Beziehung

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es vielleicht nie so spannend war, Steuerberater oder Rechtsanwalt zu werden wie heute. Dabei muss es die nächsten Jahre vornehmlich darum gehen, die Mensch-Maschine-Beziehung sinnvoll und wertstiftend auszugestalten. Auf diese Weise erhalten wir die Möglichkeit, ausgewählte Routine-Aufgaben an die Maschine zu delegieren und so zugleich mehr Zeit für kreative und beratende Tätigkeiten. So wird auch die KI den Berater nicht ersetzen, denn es braucht Berater, die sie gekonnt einsetzen können. Die KI sei mit Dir…

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1In Anlehnung an Groß/Freyenfeld/Gradl, Riders on the Storm, DStR 33/2023, S. 1853.

Mehr zu diesem Thema können Sie in einem weiten Beitrag "Effizient und schnell - Mit KI zur zukunftsfähigen Steuerkanzlei" lesen.

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Über den Autor:

Stefan Groß
ist Steuerberater, Certified Information Systems Auditor und Partner der Kanzlei Peters, Schönberger & Partner in München. Er berät vornehmlich an der Schnittstelle Steuerrecht und IT sowie rund um das Thema Tax Technologie. Er ist ehrenamtlich als Vorstand beim Institut für Digitalisierung im Steuerrecht (IDSt) sowie als Vorstand des Verbandes elektronische Rechnung (VeR) tätig. Dazu ist er Mitglied in den Fachausschüssen IT (FAIT) sowie Digital Advisory (FADA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW).

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Dieser Beitrag erschien erstmals in der DStR 43/23.