Quo Vadis Wohnungsmarkt?

von Maxi Schwarz

Was Kapitalanleger bei Wohnimmobilien bewegt

Lieferkettenengpässe, rasant gestiegene Zinsen, das angekündigte Heizungsgesetz, neue Förderkriterien für Neubauten, Umweltauflagen, Mietpreisbremsen, Kappungsgrenzen, zahlreiche unterschiedliche Baubestimmungen auf Bundesländerebene, Verwaltungsbürokratie und ein nur noch schwer zu durchschauendes Mietrecht bilden die Ausgangslage im bundesdeutschen Wohnungsmarkt im Sommer 2023. In unserem Land werden jährlich zusätzlich 400.000 (bezahlbare!) Wohnungen benötigt, so die Bundesregierung. Wenn der Bedarf so groß ist, müsste es doch auch für Investoren und Privatanleger Anreize geben, in diesen Markt zu investieren?

Mit einer erhöhten Gebäudeabschreibung bei Neubaumietwohnungen von 2% auf 3% und KfW-zinsverbilligten Krediten bis 150.000 Euro Darlehenssumme pro Wohneinheit wurden zwar Investitionsanreize für klimafreundliche Neubauten geschaffen – doch damit konnte das Gros der Investoren bis jetzt noch nicht gelockt werden. Denn bei Otto Normalverbraucher hat es sich herumgesprochen, dass eine Wohnung als Kapitalanlage nicht besonders attraktiv ist.

Viele Akteure können auf dem Wohnungsmarkt unter diesen Rahmenbedingungen keine Gewinne mehr erwirtschaften und warten lieber ab. Erschwerend kommen die Faktoren hinzu, die seit einigen Jahren den Markt für Wohnimmobilien ohnehin bereits belasten: Zuwanderung, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als Bewohner auf Zeit und der Zuzug von benötigten Fachkräften aus dem Ausland erhöhen die die Nachfrage nach günstigem Wohnraum. Zudem macht die fortschreitende Überalterung in der deutschen Gesellschaft es notwendig, dass sich die Wohnungswirtschaft auch mit dringend benötigten seniorengerechten Wohnformen einschließlich bezahlbarer Betreuungsangebote für Pflegebedürftige auseinander zu setzen hat.

Wohnungsengpass: große regionale Unterschiede

Sollte die Tochter oder der Sohn in diesem Herbst an einer westdeutschen Uni einen Studienplatz erhalten, so wird sich die Wohnungssuche besonders schwierig in Berlin, Karlsruhe, Stuttgart oder München gestalten. Hier kann es passieren, dass man zumindest übergangsweise auf hotelähnliche Mietangebote ausweichen muss, nur damit das Kind überhaupt ein Dach über dem Kopf hat. Ganz anders gestaltet sich die Lage bei einem Studienplatz in Magdeburg, Chemnitz oder Halle an der Saale. Dort kann man noch zwischen mehreren Wohnungsangeboten wählen.

Fast in allen Metropolregionen sind stationäre Pflegeplätze knapp – weil stark nachgefragte Güter. Wer Angehörige in einem Pflegeheim unterbringen muss, braucht viel Kraft, Ausdauer und nicht wenig Geld, um die Unterbringungskosten zu stemmen.

Wohnungsleerstände und regionalen Bedarf besser ausgleichen

Die Politik und die handelnden Akteure müssen sich einer überfälligen Wertediskussion mit Neujustierung auf dem Wohnungsmarkt stellen, wenn sie nicht als gescheiterte Notstandsverwalter enden wollen. Leerstände und Versorgungsengpässe könnten zumindest kurzfristig durch überregionale und bundeslandüberschreitende Belegungen gelindert werden – wenn man sich dazu überregional abstimmen und politisch durchringen kann. Auf dem Arbeitsmarkt ist es eine Selbstverständlichkeit: Man zieht dorthin, wo man den Job bekommt. Wer auf die Unterstützung der deutschen Steuerzahlergemeinschaft angewiesen ist, müsste dann zukünftig dorthin ziehen, wo für ihn überregional eine Wohnung verfügbar wird. Das könnte dem Steuerzahler eine Menge Geld sparen – und viele Vermieter in strukturschwachen Regionen unterstützen. Denn längst nicht überall in Deutschland herrscht Wohnungsmangel!

Die Wertediskussion wird benötigt, um für ein neues Verhältnis von Steuerzahler und Leistungsempfänger zu sorgen. Wer die „Ränder“ in die Mitte rückt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Mitte an den Rand wandert oder sich ums Auswandern Gedanken macht.

Das oft beschworene Betongold existiert noch – aber die klassische Mietwohnung hat aus den genannten Gründen bei vielen Kapitalanlegern ausgedient.

Quo Vadis Wohnungsmarkt – quo vadis Investor:

Die Anpassung der Akteure an die aktuellen Rahmenbedingungen findet auf dem Wohnungsmarkt längst statt: Viele Wohnungen werden komplett möbliert und nur noch befristet vermietet. Agenturen übernehmen hier die Arbeit für den Wohnungseigentümer und das rechnet sich auch. In Ballungsräumen gehen findige Vermieter dazu über, die Wohnungen über ein Wohngemeinschaftsmodell zu vermieten: Die Wohnräume werden einzeln möbliert und zimmerweise an Singles vermietet. Dadurch erzielen sie auch in München mit einer durchschnittlichen 3-Zimmer-Wohnung aus den 70ern wieder eine Mietrendite von 5 Prozent.

Für Kapitalanleger übernehmen zunehmend gewerbliche Dienstleister die Vermietung und die Verwaltung einer Wohnung. Wem das zu teuer ist, der investiert besser gleich in Konzeptimmobilien mit wohnungsähnlichem Zweck wie Boardinghäuser oder Pflegeimmobilien. Kapitalanleger schätzen bei diesen Konzepten langfristige Pachtverträge mit Indexierung bei nahezu vollständiger Übernahme der Betriebskosten durch die Pächter. Dadurch wird ein entspanntes und verwaltungsarmes Immobilieninvestment ermöglicht. Warum sich noch um Schönheitsreparaturen streiten und mit viel Aufwand ein Mieterhöhungsschreiben aufsetzen? Warum jedes Jahr zusehen, wie die nichtumlagefähigen Betriebskosten steigen?

Die genannten Konzepte sind Beispiele dafür, was auf dem Wohnungsmarkt mangels besserer Rahmenbedingungen entsteht, um den Ansprüchen der Investoren gerecht zu werden und um den Bedarf der Mietnachfrage zu decken.

Bei diesem herausfordernden Marktumfeld sollten sich Anleger darüber im Klaren sein, dass Immobilien stets langfristige Wertanlagen sind. Wer hätte vor 5 Jahren gedacht, dass die Kreditzinsen so schnell steigen würden? Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass die Kreditzinsen auf nahezu 0 Prozent fallen würden? Für Immobilieninvestments sind weder 5 Jahre, noch 15 Jahre lange Zeiträume – eher 20 Jahre und mehr. Das zeigt auch, dass Investoren die aktuellen Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt nicht als dauerhaftes Rahmenkorsett verstehen sollten.

Mein Fazit:

Wer wie ich von einer Wohnimmobilie als Altersvorsorge und sinnvollen Kapitalanlage überzeugt ist, investiert – wie immer – in Lage, Lage, Lage und hält – wie immer – langfristig an seiner Investition fest. Denn trotz der gegenwärtig genannten Widrigkeiten und unschönen Rahmenbedingungen wird eine Wohnung ein zunehmend knapperes Gut und damit zwangsläufig langfristig immer wertvoller werden.

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Hinweis zur Autorin:

Maxi Schwarz
ist Geschäftsführerin und Inhaberin von dem Immobilienportal wohnung-jetzt.de (https://www.wohnung-jetzt.de/) und berät bundesweit private Anleger rund um eine Immobilie als Kapitalanlage.

Der Beitrag ist erstmals in der NJW 35/23 erschienen.

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