Sei mutig - und gründe eine Kanzlei!

Ein Gespräch mit Dr. Mathias Hellriegel

Mathias Hellriegel hat im letzten Jahr den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und die Kanzlei "Hellriegel Rechtsanwälte" gegründet, die sich auf das Öffentliche Wirtschaftsrechts spezialisiert. Bei städtebaulichen Projekten in Berlin ist seine Kanzlei schon jetzt unersetzlich. Außerdem zählen die Rechtsanwält:innen von Hellriegel Rechtsanwälte zu den besten Deutschlands. Im Gespräch gibt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht Einblicke in die Gründung seiner Kanzlei, die Mandantenakquise sowie in die Beratungspraxis.

Herr Dr. Hellriegel, Sie haben Ihre Kanzlei im Jahr 2020 als Spin-Off zusammen mit vier Associates gegründet. Worin bestand im Gründungsprozess die größte Herausforderung?

Die größte Herausforderung bestand darin, sich überhaupt erst einmal zu trauen. Mit dem Gedanken eines Spin-Offs bin ich insgesamt schon drei Jahre in meiner alten Sozietät „schwanger gegangen“. Doch mir war immer klar, dass die Trennung zum einen und der Aufbau der neuen Infrastruktur zum anderen eine sehr hohe Belastung sowie einen sehr hohen Aufwand bedeuten würde. So war es dann auch: Die letzten sechs Monate 2019 und vor allem auch die ersten sechs Monate 2020 waren extrem intensiv, indem neben dem täglichen Beratungsgeschäft Abnabelung und Neugründung begleitet werden mussten. Das ist alles kein Hexenwerk, waren aber viele kleine Dinge, die erledigt werden müssen und in der Summe viel Zeit beanspruchen. Ich bin hier extrem dankbar, dass mich mein gesamtes Team – nicht nur die Rechtsanwält:innen, sondern auch meine Assistentinnen – so tatkräftig unterstützt haben. Ohne die Teamleistung wäre das nicht möglich gewesen. Und ich kann nur ermutigen: Der Weg ist zwar steinig, aber allemal wert ihn zu gehen.

Als Partner in der „eigenen Kanzlei“ sind Sie vermutlich auch der Hauptverantwortliche für die Mandantenakquise. Wie gestaltet sich diese bei Ihnen und was zeichnet Ihrer Einschätzung nach eine gute Akquise besonders aus?

Wie soll man diese Frage beantworten, ohne gleich ganze Bücher zu schreiben? Meine wichtigste Erfahrung: Akquise muss man langfristig denken! Am Anfang der Karriere stehen hier insbesondere Veröffentlichungen und Vorträge, aber auch sich auf Veranstaltungen zu zeigen, im Gespräch zu bleiben und immer wieder in Erinnerung zu rufen. Inzwischen hat sich die Akquise bei uns verselbständigt: Mandanten oder auch Dritte – beispielsweise Architekt:innen, Investor:innen oder Finanzpartner:innen – empfehlen uns weiter, sodass wir im Moment kaum aktiv Akquise betreiben. Natürlich nehmen wir trotzdem gerne an Veranstaltungen teil und veröffentlichen weiterhin regelmäßig. Empfehlen kann ich im Übrigen die Nutzung der sozialen Medien; das dort schlummernde Potential wird weit unterschätzt.

Kurz nach der Gründung Ihrer Kanzlei im Januar 2020 hat uns die Corona-Pandemie voll erwischt und sie hat uns immer noch voll im Griff. Inwieweit hat das Ihre Arbeit beeinträchtigt oder sogar beeinflusst?

In unserem Beratungsgeschäft wirkt sich Corona zum Glück bisher nicht aus. Die von uns begleiteten Projektentwicklungen gehen ungehindert weiter und ich will hoffen, dass dies auch so bleibt. Begründen lässt sich dies recht einfach: Der Entwicklungshorizont einer Projektentwicklung hat fünf bis zehn Jahre und ist daher losgelöst von der Frage, was in den nächsten sechs bis zwölf Monaten passiert. Natürlich hat sich aber auch unser Arbeiten verändert. Wie alle anderen haben auch wir einen großen Digitalisierungsschritt gemacht und arbeiten verstärkt im Homeoffice und mit Videokonferenzen. Laptop und Mobiltelefon gehörten aber auch schon vorher zu unserer Standardausrüstung. Hier liegt ein Privileg des Anwaltsberufs: Mehr brauchen wir eigentlich nicht, sodass wir von jedem Ort der Welt arbeiten können. Unsere Kanzleisoftware und Dateiablage war im Übrigen ohnehin von Anfang an internetbasiert und digitalisiert.

Sie sind im Öffentlichen Wirtschaftsrecht unterwegs und beraten Ihre Mandanten bei der Prüfung, Planung, Finanzierung, Umsetzung und Verteidigung von Bau- und Infrastrukturvorhaben. Das sind zum Teil sicher große Projekte/Mandate, die viele personelle Ressourcen verschlingen. Wie gelingt es Ihnen als „verhältnismäßig kleine Kanzlei“ diese Projekte zu stemmen?

In der Tat gibt es kaum ein städtebauliches Projekt in dieser Stadt, das ohne uns läuft. Das Handelsblatt und die Wirtschaftswoche zählen uns zu den besten Rechtsanwält:innen Deutschlands, darauf sind wir sehr stolz. Im konkreten Projekt beraten wir in der Regel zu dritt: ein Associate, unterstützt von einem/einer wissenschaftlichen Mitarbeiter:in, und ich als das Mandat der leitenden Partner. Mehr braucht es nicht und mehr wollen die Mandanten auch nicht, weil dies nur zu mehr Einarbeitung und Reibungsverlusten führen würde. Darin unterscheiden wir uns auch nicht von Großkanzleien, die bei Projekten vielleicht mit ganzen Teams arbeiten, aber verteilt auf mehrere Rechtsgebiete. Wir konzentrieren uns auf ein Rechtsgebiet und arbeiten darin konzentriert und kompetent mit vielen anderen Beratern zusammen.

Gibt es Ihrer Einschätzung nach Rechtsgebiete, die sich eher für die Selbstständigkeit eignen als andere?

Nein, ich denke, man kann in jedem Rechtsgebiet seine Nische finden, wobei ich natürlich nur für das Öffentliche Wirtschaftsrecht sprechen kann.

Was hat Sie konkret dazu bewogen, eine eigene Kanzlei zu gründen? War das schon immer Ihr Traum, eine eigene Kanzlei zu haben?

Mein Traum war es ursprünglich, Richter zu werden. Während ich im Studium dann den Berufswunsch Rechtsanwalt hatte, träumte ich nach meinem Berufseintritt 2002 davon, Partner zu werden. Dies habe ich 2007 erreicht und seitdem meine Selbstständigkeit ausgebaut. Zuletzt war ich in einer Partnerschaft, die ich nicht mehr als solche empfunden habe, weil sie nicht mehr von einem gegenseitigen Geben und Nehmen geprägt war. Eine Partnerschaft sollte sich aber nicht darauf beschränken, Skaleneffekte zu heben, sondern Synergien zu schaffen. Vor diesem Hintergrund erfolgte 2020 der Schritt in die Unabhängigkeit mit meinem Team.

Welche Fähigkeiten bzw. Eigenschaften muss man mitbringen, um erfolgreich eine eigene Kanzlei zu führen?

In erste Linie Mut. Der Rest kommt von selbst.

Würden Sie Berufseinsteigern raten, zunächst Berufserfahrung in einer etablierten Kanzlei zu sammeln, bevor man sich selbstständig macht? Wenn ja, sollte man denn eher in einer Kanzlei-Boutique Erfahrung sammeln oder in einer Großkanzlei?

Da bin ich ambivalent: Ich selbst habe den Berufseinstieg bei Freshfields, also in der Großkanzlei gesucht und dies keinen Tag bereut. Ich kann das auch nur empfehlen, weil man dort eine hervorragende Ausbildung erhält. Wobei dies natürlich von den Partner:innen abhängig ist, denen man zugeordnet ist. Meine Schule von „Spieth und Wolfers“ möchte ich jedenfalls nicht missen. Aber natürlich hat es auch Vorteile, in eine Boutique zu gehen: Rechtsanwält:innen, die den Berufseinstieg bei uns suchen, sind wesentlich näher am Mandanten und lernen bei uns Projektentwicklung von der Pike auf und nicht nur aus Transaktionssicht.

Wodurch zeichnet sich Hellriegel Rechtsanwälte als Arbeitgeber aus?

Wir verstehen uns weniger als Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern vor allem als Team. Junge Rechtsanwält:innen erwarten bei uns herausragende Fälle, ein schönes Büro, eine überdurchschnittliche Bezahlung (wenn auch nicht im Vergleich zu Großkanzleien) und ein gemeinsames Verständnis, dass es neben dem Beruf, für den wir brennen, auch ein Privatleben gibt. Zudem sind wir offen für alle Modelle, insbesondere auch Teilzeit. Schließlich geben wir unseren Rechtsanwält:innen Perspektive, sich einzubringen und weiterzuentwickeln.

Suchen Sie derzeit nach Mitarbeitern und wenn ja, was sollten diese mitbringen?

Wir haben gerade eine Rechtsanwältin eingestellt, die zuvor Stationsreferendarin und davor studentische Mitarbeiterin bei uns war. Sie bringt eine Promotion und zwei herausragende Staatsexamina mit. Nach solchen Mitarbeiter:innen suchen wir auch weiter, im Moment aber weniger im Rechtsanwaltsbereich, sondern eher wissenschaftliche oder studentische Mitarbeiter:innen sowie Referendar:innen, die sich langfristig bei uns einbringen wollen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:

Dr. Mathias Hellriegel LL.M.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für
Verwaltungsrecht und Partner
bei Hellriegel Rechtsanwälte