Soziales Engagement im Personalrat der Rechtsreferendare

von Michael Marquardsen, Rechtsreferendar am OLG Schleswig sowie Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Gute und zügige Studienleistungen sind heute nicht mehr das alleinige Auswahlkriterium von Arbeitgebern, wenn es um die Vergabe guter Jobs an die Nachwuchsjuristen geht. Soziales Engagement und soziale Kompetenz gehören zu den Soft Skills, die für die meisten Arbeitgeber mittlerweile von entscheidender Bedeutung sind. Hierzu zählen neben Großkanzleien auch der Öffentliche Dienst und die Justiz. So schreibt das Ministerium der Justiz Rheinland Pfalz auf seiner Internetseite „Von besonderer Bedeutung sind auch soziales Engagement sowie Verständnis für wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge“ über die Qualifikation für den richterlichen Dienst.
Für manche mag sich hier freilich die Frage stellen, wo neben der intensiven Stationsarbeit und dem Lernen noch Zeit für soziales Engagement bleiben soll. Dieser Artikel soll insoweit eine Möglichkeit aufzeigen, während des Referendariats eine solche Zusatzqualifikation direkt am Arbeitsplatz zu erlangen.

Persönlich konnte ich meine Erfahrungen in diesen Bereichen im Personalrat der Rechtsreferendare am Oberlandesgericht Schleswig-Holstein im Amtsjahr 2016/17 sammeln. Dieser wird jedes Jahr neu gewählt. Die Amtszeit beträgt ein Jahr. Er besteht aus sieben originären Mitgliedern sowie sieben Ersatzmitgliedern, die nach der Geschäftsordnung des Personalrates von Anfang an als vollwertige Mitglieder dort mitarbeiten. Der Personalrat wird durch den Vorstand, bestehend aus einem Vorsitzenden und zwei Vertretern, geleitet. Er unterteilt sich in verschiedene Referate, die sich den wesentlichen Belangen der Referendarsangelegenheiten annehmen.

Die Aufgaben des Personalrates sind bunt gefächert und reichen von originären Beteiligungspflichten bis zur Sozialberatung in besonderen Fällen.

Der Personalrat ist in Mitbestimmungsangelegenheiten zu beteiligen.
Dies betrifft die Zustimmung zur Bestellung neuer Dozenten für die einzelnen Arbeitsgemeinschaften, wie aber auch die Stellungnahme zu Gesetzesänderungen oder disziplinarischen Maßnahmen.

Gerade hierdurch wird der Personalrat nicht nur zum Sprachrohr der Referendare, sondern auch für das Oberlandesgericht oder die einzelnen Landgerichtsbezirke, wenn es um Mitteilungen, Neuerungen oder Ähnliches geht.

Hierbei kann man auch die erwähnten Soft Skills erwerben. Als gewählter Interessenvertreter setzt man sich für spezielle Anliegen der Referendare ein, obwohl dies in bestimmten Fällen schon einem Kampf mit Windmühlen gleichkommt. Diplomatie und Verständnis für die jeweiligen Positionen helfen aber, in den allermeisten Fällen zu zufriedenstellenden Ergebnissen zu gelangen.

So wie die meisten Juristen, ob nun Anwalt, Richter oder Verwaltungsjurist, hat man es als Referent des Personalrates mit teilweise recht schwierigen Persönlichkeiten zu tun, welche mit Anliegen an den Personalrat herantreten, die eher in den Bereich der allgemeinen Lebenshilfe gehören.
Auch dies schult also den Umgang mit Problemen, indem man versucht, die Dinge, die einem selbst vielleicht nicht ganz so wichtig erscheinen, aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und diese mit einer für die Betroffenen angemessenen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit zu behandeln.

In dieser Tätigkeit ist es auch häufig möglich, bereits das (berufs-)lebenswichtige sogenannte Vitamin B zu sammeln. Dies wird einem durch diverse Veranstaltungen und dem Kontakt zu Anwälten, Richtern etc. ermöglicht.

Möchte man sich später bspw. einmal für den Staatsdienst bewerben, so kann es sicherlich von Vorteil sein, wenn man dem einen oder anderen durch die Tätigkeit im Personalrat positiv in Erinnerung geblieben ist.

Für das Engagement im Personalrat erhält man als Ausgleich die Möglichkeit, zwei Monate bezahlten Sonderurlaub zu nehmen – dies sollte dabei jedoch allein schon aus Respekt vor den anderen Referendaren sowie ihren Problemen und Anliegen nicht der einzige Grund sein, sich zur Wahl zu stellen. Wie so oft in der juristischen Tätigkeit bedarf es nämlich für diese Arbeit einer gewissen individuellen Hingabe, um sie erfolgreich zu bewältigen.

Fazit

Die Tätigkeit im Personalrat der Rechtsreferendare eignet sich hervorragend, einen kleinen Blick „hinter die Kulissen“ zu bekommen und macht sich gut im Lebenslauf. Je nach eigener Ambition lässt sich auch mit der Wahl eines bestimmten Tätigkeitsfeldes der ein oder andere Pluspunkt bei einem späteren Arbeitgeber in der entsprechenden Branche erlangen. Potenzielle Arbeitgeber sehen es gerne, wenn Bewerber den Blick über den Tellerrand gewagt und sich auch außerhalb des juristischen Vorbereitungsdienstes engagiert und für die Belange anderer eingesetzt haben.

Quelle BECK Stellenmarkt 14/2017