Ein Überblick über die Wahlstation – Last but not least in der juristischen Ausbildung

Wahlstation in Kanzlei
von Karin Bek

Das Pflichtwahlpraktikum (Wahlstation) stellt für viele den wohl beliebtesten Ausbildungsabschnitt des juristischen Vorbereitungsdienstes dar. Ist mit dem schriftlichen Examen der gewichtigste Teil der Ausbildung geschafft, soll den Referendaren vor dem Start ins Berufsleben nochmals die Möglichkeit gegeben werden, in einen Bereich der juristischen Praxis ihrer Wahl zu blicken. Wer bereits weiß, in welche Richtung es beruflich gehen soll, kann die Chance nutzen, sich seinem potenziellen Arbeitgeber vorzustellen. Gleichfalls können Referendare aber auch Eindrücke in einen bis dato noch unbekannten juristischen Bereich gewinnen und im Bestfall den für sie passen den Berufsweg finden. Jeder Referendar wird sich daher – besser früher als später – die Frage nach der passenden Wahlstation stellen dürfen, so dass sich eine Befassung mit den Möglichkeiten im Einzelnen lohnt.

I. Wahlstation in Deutschland

Wer seine Wahlstation in Deutschland absolviert, erspart sich in den meisten Fällen viel Zeit in der ohnehin anstrengenden Phase der Examensvorbereitung. Abhängig vom Bundesland und Termin wird zwischen dem schriftlichen Examensteil und dem Beginn der Wahlstation zudem teils nur eine Woche liegen, was gerade bei einem nötigen Umzug knapp bemessen sein kann. Auch der Kostenpunkt wird oftmals eine Rolle spielen, da eine Wahlstation im Ausland durchschnittlich mit mehr Kosten für Unterkunft, Flug, Visum etc. verbunden ist und gleichzeitig nicht immer eine Vergütung erfolgt.

1. Kanzleien und Unternehmen

Wie bereits in der Anwaltsstation besteht auch in der Wahlstation die Möglichkeit, diese bei diversen Kanzleien oder Unternehmen mit juristischer Ausbildungsmöglichkeit zu absolvieren.

In verschiedenen Beiträgen berichten Referendare und Anwältinnen von ihren Erfahrungen während der Wahlstation in einer Kanzlei:

2. Justiz und Verwaltung

Zusätzlich gibt es die Option, in der Wahlstation einen bereits bekannten oder neuen Teil der Justiz- oder Verwaltungspraxis kennenzulernen. Wer etwa bei einem Strafrichter war, kann nochmals die Möglichkeit nutzen, als Teil der Staatsanwaltschaft zu plädieren.

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3. Besondere inländische Ausbildungsstellen

Auch im Inland gibt es vielfältige Alternativen, die letzte Station bei einer ungewöhnlicheren Ausbildungsstelle zu absolvieren, sofern es sich um eine anerkannte juristische Ausbildungsstelle handelt. Hierunter fallen vor allem interdisziplinäre Bereiche wie Politik und Presse.

Als Juristin oder Jurist beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Fünf Fragen an Dr. Sarah Tacke, Leiterin der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

II. Wahlstation im Ausland

Wer das Mehr an Vorbereitung bei einer Wahlstation im Ausland auf sich nimmt, erhält im Gegenzug vor allem die tolle Chance, für drei Monate juristisch im Ausland arbeiten zu dürfen sowie neue Perspektiven und verbesserte Sprachkenntnisse zu erlangen.

1. Die passende Ausbildungsstelle

Regelmäßig wird sich die Suche nach einer passenden Ausbildungsstelle schwieriger gestalten als bei einer solchen in Deutschland, schon zumal die juristische Ausbildung im Ausland weniger geläufig sein dürfte. Hilfreiche Anlaufstellen können neben internationalen Kanzleien vor allem auch das Auswärtige Amt, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Handelskammern und die jeweiligen Deutschen Botschaften sein. Letztere veröffentlichen auf ihren Webseiten teilweise Listen mit Kanzleien, die bereits deutsche Referendare aufgenommen haben.

2. Die Vorbereitung

Ist die passende Ausbildungsstelle gefunden, sind bei einer Auslandsstation einige Besonderheiten bei den Vorbereitungen zu beachten. Neben Flug und Unterkunft sollte man sich vor allem frühzeitig um die notwendigen Dokumente bemühen.

a. Unterlagen

Teils wird die Einreichung von Unterlagen bei einer Station im Ausland im Original gefordert. Es empfiehlt sich daher, einen längeren Postweg miteinzuberechnen und rechtzeitig bei der Ausbildungsstelle nachzufragen, ob eine (beglaubigte) Übersetzung der notwendigen Unterlagen gewünscht ist, um Verzögerungen zu vermeiden. Auch im Übrigen können sich Besonderheiten bei den einzureichenden Unterlagen ergeben. Bei einer Wahlstation im EU-Ausland muss etwa zusätzlich eine A1-Bescheinigung für die Krankenversicherung eingeholt werden.

b. Visum

Je nach Land muss frühzeitig an ein Visum gedacht werden. Hierfür kann es auch der Mitwirkung der Ausbildungsstelle bedürfen, da es sich in den meisten Fällen um ein Arbeitsvisum handeln wird.

c. Vergütung und Steuern

Erfolgt eine zusätzliche Vergütung durch die Ausbildungsstelle, wird diese ggf. aufgeteilt ausbezahlt. So erfolgt die Vergütung in Bayern dann beispielsweise gesplittet durch den Freistaat Bayern (ggf. abzüglich eines Steueranteils) sowie durch die Ausbildungsstelle direkt. Zudem müssen zunächst ggf. Steuern im Ausland und in Deutschland bezahlt werden. Ausländische Steuern können, sofern ein Abkommen über die Doppelbesteuerung besteht, jedoch nach dem Steuerjahr im jeweiligen Land wieder zurückgeholt werden.

III. Fazit

Die Vielzahl an Möglichkeiten kann schnell zur altbekannten Qual der Wahl führen. Letztlich soll die Wahlstation aber vor allem Spaß machen und einen guten Abschluss der praktischen Ausbildung darstellen. Ganz gleich, wohin die Wahl letztlich fällt – eine tolle und bereichernde Erfahrung wird es in jedem Fall.
 

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Über die Autorin:

Karin Bek
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Simmons & Simmons LLP in München und absolvierte ihre Wahlstation im Sommer 2022 bei Bristows LLP in London. Von 2020 bis 2023 war sie Vorstandsmitglied des Vereins der Rechtsreferendare in Bayern e.V. Auf seiner Webseite veröffentlicht der Verein regelmäßig Informationen zur Wahlstation: https://refv.de/referendariat/wahlstation

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Der Beitrag wurde erstmals in der JuS 09/23 veröffentlicht.