Wien – Hamburg – Saarbrücken: Remote Work in der Wahlstation

Remote arbeiten
von Mag. Katharina Bisset, MSc, Flora Niemann und Dr. Michelle Weber

Auslandserfahrung während des Referendariats im Homeoffice?

Die Wahlstation im juristischen Referendariat ist die Station mit der größtmöglichen Freiheit und eine der wenigen Möglichkeiten, während des Jurastudiums echte Auslandserfahrung zu sammeln. Neben dem Einblick in ein fremdes Rechtsgebiet stehen regelmäßig die Eindrücke des Lebens in einem fremden Land im Vordergrund. Die Station bietet eine perfekte Gelegenheit für Referendar:innen, sich auszuprobieren und den juristischen Beruf noch einmal aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Doch bei „Ausland“ zögerten Flora und Michelle. Nach der langen Zeit des Verzichts während der Examensvorbereitung wieder drei Monate lang Freunden und Familie absagen? Wieder eine Hochzeit verpassen? Wieder ein 30. Geburtstag, zu dem man nicht kommen kann? In einer digital und remote arbeitenden Kanzlei muss das aber nicht so sein.

Flexibilität und Planungssicherheit mit digitalisierten Kanzleiabläufen

In einer digitalen Rechtsanwaltskanzlei können alle Mitarbeiter:innen zu 100 Prozent remote arbeiten. Das ermöglicht es, ortsunabhängig und flexibler zu arbeiten. Hierfür ist es aber erforderlich, die Rahmenbedingungen klarzustellen. Oft wird bei Remote Work das Vertrauen angesprochen, deswegen ist es wichtig, Erwartungen klarzustellen. Gibt es fixe Termine oder Kernzeiten, zu denen die Mitarbeiter:innen online sind? Wie laufen Aufgabenverteilung und Prozesse in der Kanzlei ab? Dafür ist es einerseits wichtig, die Aufgaben in der Kanzlei zu definieren: z.B. werden gerichtliche/ gesetzliche Fristen priorisiert, administrative Tätigkeiten folgen danach. Hier helfen digitale Tools wie Datenräume, Kanban (Task-)Boards und Chats, allen Teammitgliedern die Transparenz zur Verfügung zu stellen, die eine digitalisierte Arbeit erfordert.

Zwischen Donau, Elbe, Mittelmeer und Atlantik – Remote Work als juristischer Berufsalltag

Durch Remote Work können Michelle und Flora in ihrer Wahlstation Zeit in Wien vor Ort verbringen und das Land und die Leute kennenlernen. Flora kann aber auch bei der Hochzeit ihrer besten Freundin in Hamburg sein und Michelle ihre Familie in Südfrankreich besuchen, aber auch Katharina arbeitet nicht nur am Kanzleistandort, sondern auch auf Reisen, wie z.B. in der Bretagne. Das Kollaborations-Tool bietet neben dem Zugriff auf die Kanzleiakten, an denen gerade gearbeitet wird auch die Möglichkeit, sich jederzeit im Chat auszutauschen. Remote Work ist hier kein exotisches Neuland, sondern Alltag.

Die Kanzlei muss dafür organisiert sein: Cloud, Akten, Meetings – alles ist online und funktioniert stets einwandfrei von überall. Das Task-Board bietet den Überblick über die zu erledigenden Aufgaben und deren Status. Dort sehen sie auch, woran die Kolleg:innen gerade arbeiten und haben so einen vermutlich noch besseren und weitergehenden Einblick in die verschiedenen Facetten der Kanzleiarbeit, als dies bei einer klassisch geführten Anwaltskanzlei der Fall wäre. Einmal wöchentlich bespricht sich das Team an einem Jour fixe (digital natürlich) über den aktuellen Stand der Arbeitsaufträge. Nur vereinzelte postalische Rechnungen müssen noch im Büro in Niederösterreich digitalisiert werden. Diese Arbeitsweise ist kein Zufall, denn Katharinas papierlos geführte Kanzlei beschäftigt sich als Schnittstelle zwischen IT und Recht schwerpunktmäßig mit datenschutz-, IT- und urheberrechtlichen Themen. Gerade in diesen Schwerpunkten lässt sich eine digitale Kanzlei besonders effizient implementieren.

Remote-Auslandsstation – Digital, aber ohne Verzicht

Remote Work hindert Michelle und Flora auch nicht daran, in den Genuss der üblichen Inhalte der Auslandsstation zu gelangen. Sie beschäftigen sich ebenso häufig mit dem österreichischen wie auch mit dem deutschen und europäischen Recht. Die Teilnahme an Erstberatungen, Mandantenterminen, Schulungen, Meetings mit den österreichischen Kollegen:innen, all das ist online möglich. Dabei haben Michelle und Flora bereits jetzt, zur Mitte der Wahlstation, einen guten Überblick über das österreichische Rechtssystem bekommen und vor allem den Rechtsmarkt und den Anwaltsberuf besser kennengelernt. Katharina legt großen Wert darauf, jedes Mandat von Anfang an strukturiert anzugehen und leitet die Referendar:innen so auch im Rahmen der Ausbildung an.

Nicht nur Remote Work, sondern auch die in Katharinas Kanzlei bearbeiteten Themen sind zukunftsgerichtet. Die Arbeit im IT- und Datenschutzrecht erfordert wegen der europarechtlichen Einflüsse in diesem Bereich einen Blick über den Tellerrand des deutschen Rechts hinaus. Die enge Verzweigung über das EU-Recht, gerade in den Bereichen IT-Recht und Datenschutz recht, macht es unabdingbar, nicht ausschließlich den deutschen Rechtsbereich im Blickfeld zu behalten. Aus diesem Grund ist auch die Möglichkeit, als österreichische Kanzlei deutsche Referendar:innen auszubilden, ein wertvolles Zusatz-Asset und eine Bereicherung für die Kanzlei. Auf persönlicher Ebene erlaubt Remote Work die Zusammenarbeit mit tollen Mitarbeiter:innen, auf die man mit klassischen Strukturen oft keinen Zugriff hätte.

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Über die Autorinnen:

Mag. Katharina Bisset, MSc,
ist Rechtsanwältin in Niederösterreich. Bildquelle: © Wolfgang Lehner.

Flora Niemann,
ist Referendarin in Hamburg.

Dr. Michelle Weber,
ist Referendarin in Saarbrücken.

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Der Beitrag wurde erstmals in der JuS 09/23 veröffentlicht.