Attraktive Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten in der Steuerberatung

von Dr. iur. Enrico Rennebarth

Selten war die Personalgewinnung schwieriger als in diesen Zeiten. Darunter leiden Steuerberaterinnen und Steuerberater aktuell ganz besonders stark, da ihre Arbeitsbelastung momentan enorm hoch ist. Gut beraten ist daher, wer sich als Kanzleiinhaber bei der Personalsuche als attraktiver Arbeitgeber darstellt und bestehenden als auch künftigen Mitarbeitern gute Perspektiven für die persönliche und berufliche Entwicklung aufzeigt.1

Besondere Bedeutung kommt dabei der Aus- und Fortbildung von Kanzleimitarbeitern zu. Kanzleiinhaber können ihren Mitarbeitern – je nach Tätigkeitsschwerpunkt, Fähigkeiten und Kompetenzen – verschiedene Fortbildungsmöglichkeiten anbieten. Berufseinsteigern bietet der Eingangsberuf des Steuerfachangestellten einen sicheren Arbeitsplatz, Work-Life-Separation und viele Fortbildungsmöglichkeiten, die das Prinzip des „Lebenslangen Lernens“ umsetzen.

1. Eingangsqualifikation: Ausbildung zum Steuerfachangestellten

Die Ausbildung zum Steuerfachangestellten umfasst als kaufmännischer Ausbildungsberuf viele interessante Einsatzbereiche. Bereits während der Ausbildung werten Azubis bei der Finanzbuchhaltung laufende betriebswirtschaftliche Ergebnisse aus und bereiten Jahresabschlüsse vor. Sie helfen dem Steuerberater bei der Erstellung von Steuererklärungen für Unternehmen und Privatpersonen und prüfen die Steuerbescheide des Finanzamtes für Mandanten.

Neben der Tätigkeit in der Kanzlei lernen Steuerfachangestellte in der Berufsschule das nötige Know-how über Steuern, Wirtschaftsrecht, Betriebswirtschaft und Rechnungswesen. Eingangsqualifikation für eine Ausbildung ist ein qualifizierter Schulabschluss. Schüler mit einem mittleren Schulabschluss (mittlere Reife) oder Fachhochschulreife, die kommunikativ und IT-affin sind, eine schnelle Auffassungsgabe und ein Gefühl für Zahlen haben, sind gern gesehene Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Insbesondere Abiturienten bewerben sich gern.

Seit 2016 setzt sich die Bundessteuerberaterkammer für eine Überarbeitung der Ausbildungsordnung sowie des Berufsschulunterrichts der Steuerfachangestelltenausbildung ein. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hatte im Vorfeld den notwendigen Überarbeitungsbedarf untersucht und Ende 2020 das Neuordnungsverfahren des Ausbildungsberufs in Gang gesetzt.2 Die neuen Rechtsgrundlagen für die Ausbildung in den Kanzleien und in der Berufsschule treten zum 1. August 2023 in Kraft.

2. Fortbildungsmöglichkeiten: Steuerfachwirt und verschiedene Fachassistenten

Die erfolgreiche Prüfung zum Steuerfachangestellten bildet den Grundstein für weitere berufliche Entwicklungen: So können Steuerfachangestellte sich in zahlreichen Fortbildungen qualifizieren, beispielsweise zum Steuerfachwirt oder zum Fachassistenten Lohn und Gehalt (FALG), Rechnungswesen und Controlling (FARC)3 , Land- und Forstwirtschaft (FALF)4 und ab März 2022 zum Fachassistenten Digitalisierung und IT-Prozesse (FAIT). Nicht nur gefragt, sondern auch beliebt ist die Fortbildung zum Steuerfachwirt.

Nach einigen Jahren Berufstätigkeit können Steuerfachangestellte und auch Quereinsteiger bei besonderer fachlicher Qualifikation qualifiziertere und noch verantwortungsvollere Tätigkeiten übernehmen. Steuerfachwirte werden oft als Büroleiter eingesetzt, betreuen Teams und verfügen über ein breites Wissen über Steuerrechtsprechung, Rechnungswesen, Verwaltungspraxis und Gesetzgebung. Die Steuerfachwirtprüfung ist außerdem der erste Schritt zur Steuerberaterprüfung, da Steuerfachwirte bereits nach sechs Jahren im Beruf hierfür zugelassen werden können. Neu im Portfolio der Fortbildungsmöglichkeiten ist der Fachassistent Digitalisierung und IT-Prozesse (FAIT),5 der in der .„Dreiecksbeziehung“ zwischen Steuerberaterkanzlei, Mandantenunternehmen und Finanzverwaltung tätig ist und über den notwendigen Überblick zu digitalen Geschäftsprozessen, Arbeitsabläufen sowie den damit verbundenen Datenflüssen und Schnittstellen verfügt.

Ziel der neuen Fortbildungsprüfung ist es, Kanzleimitarbeiter bei der Organisation, Umsetzung und Weiterentwicklung einer Digitalstrategie zu unterstützen und einen medienbruchfreien Daten- und Informationsaustausch sicherzustellen.

3. Steuerberaterprüfung: Möglichkeit eigener Chef zu werden

Mit der Steuerberaterprüfung, die entweder ein Hochschulstudium oder eine Berufsausbildung voraussetzt, können Berufseinsteiger und auch Kanzleimitarbeiter eine eigene Kanzlei gründen oder eine bestehende Kanzlei übernehmen. Erfolgreiche Prüfungsteilnehmer können aber auch weiterhin in einem Angestelltenverhältnis tätig sein.

Neben der einheitlichen Prüfung haben beide Zulassungswege gemeinsam, dass sie eine mehrjährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern voraussetzen. Seit dem 1.Januar 2021 verkürzt sich die Dauer der praktischen Tätigkeitszeit für Kandidaten mit erfolgreichem Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung oder einer vergleichbaren Vorbildung von 10 auf 8 Jahre. Die erforderliche praktische Tätigkeitszeit für Steuerfachwirte, geprüfte Bilanzbuchhalter und Finanzbeamte des gehobenen Dienstes bzw. vergleichbare Angestellte verkürzt sich von 7 auf 6 Jahre.

Insgesamt erfreut sich der Ausbildungsberuf zum Steuerfachangestellten mit jährlich mehr als 6.500 neuen Azubis großer Beliebtheit. Jährlich nutzen ca. 3.500 Mitarbeiter die staatlich anerkannten Fortbildungsprüfungen der Steuerberaterkammern und mehr als 5.000 Kandidaten bewerben sich jährlich für die Steuerberaterprüfung.

 

Über den Autor:

Dr. iur. Enrico Rennebarth
Referatsleiter bei der Bundessteuerberaterkammer (KdöR)
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)

 

Fußnoten:

1) Sommer/Rennebarth in DStR 2019, 1541.
2) Rennebarth in DStR 2019, 2166.
3) Alt/Rennebarth in DStR 2018, 1789.
4) Hartmann/Rennebarth in DStR 2020, 1981.
5) Rennebarth in DStR 2021, 1670.