Mandantengewinnung: Der Ton macht das Akquisegespräch

von Ute Bolz-Fischer M.A.

Menschen, die juristische Beratung suchen, erhoffen sich Beistand, Verständnis für ihre Probleme und kompetente Vertretung. Ob eine Anwältin oder ein Anwalt in der Lage ist, in ihrer Sache zu streiten, können sie oft nicht beurteilen. Sie müssen sich auf ihr Gefühl verlassen. Mit gezieltem Stimmeinsatz kann man Akquisegespräche in die richtige Richtung lenken.

Anwältinnen und Anwälte sind im Krisenmodus gefordert. Als Rechtsbeistand suchen potenzielle Mandantinnen und Mandanten sie auf, wenn es brennt: Die Situation wirkt bedrohlich, jemand muss das juristische Feuer löschen. Menschen in solchen Situationen suchen nicht nur jemanden, der sich kompetent für sie einsetzt, sondern auch jemanden, dem sie vertrauen können. Das müssen Anwältinnen und Anwälte ausstrahlen: Vertrauenswürdigkeit und die Bereitschaft, für Mandantinnen und Mandanten zu streiten. Doch wie vermittelt man diesen Eindruck?

Kompetent auf allen Ebenen

Natürlich muss man im Gespräch mit Mandantinnen und Mandanten seine Kompetenzen ausführen. Warum man auf fachlicher Ebene dazu in der Lage ist, die Vertretung in einem Fall zu übernehmen, können juristische Laien jedoch selten einschätzen. Sie überzeugt man im Gespräch mit anderen Qualitäten: vor allem mit Empathie. Mandate gewinnen die Berufsträgerinnen und -träger, die es schaffen, sich empathisch in ihr Gegenüber hineinzuversetzen, und das in ihrer Stimmlage widerzuspiegeln. Ein Beispiel: Die potenzielle Mandantin ist eine Frau, die um das Sorgerecht für ihre Kinder fürchtet. Die sachliche Ebene der Argumentation mag fachlich noch so fundiert sein. Wenn sie das Gefühl hat, sie wird von ihrer potenziellen Vertretung angebellt, er oder sie nimmt ihre Sorgen nicht ernst und kann sie nicht verstehen, hat das eine Auswirkung. Oder ein entgegengesetzter Fall: Ein Konzern bittet um juristische Beratung in handfesten Wirtschaftsangelegenheiten, aber die potenzielle Anwältin, der potenzielle Anwalt flüstert einfühlsam und fragt, wie es der Geschäftsführung mit der bedrohlichen Situation geht. Zugegebenermaßen extreme Beispiele. Doch in beiden Fällen würde wahrscheinlich kein Mandat erfolgen. Eines sollte dabei jedoch klar geworden sein: Mandantinnen und Mandanten wollen, dass auf allen Ebenen, auch stimmlich, auf ihre Situation angemessen reagiert wird.

Stimmliche Einfühlsamkeit trainieren

Eine grundsätzliche Empathie für Mandantinnen und Mandanten zu haben, tut der Beziehung zwischen beiden Seiten gut. Allerdings muss man diese auch zum Ausdruck bringen können – in der Körperhaltung und -sprache genauso wie auf stimmlicher Ebene. Wer seine Stimme facettenreich und klangvoll einsetzen kann, macht den besten Eindruck. Eine angepasste Sprachmelodie kann am besten mit einer geübten und trainierten Stimme umgesetzt werden. Viele Menschen wissen nicht, wie sie klingen, haben Scheu davor, sich Aufgenommenes von sich selbst anzuhören, und wissen darum gar nicht um ihre stimmliche Wirkung. Sich hierbei einmal selbst auf den Prüfstand zu stellen, kann man Juristinnen und Juristen nur raten – ob in einem professionellen Stimmcoaching oder im stillen Kämmerlein.

Tipps für einen angemessenen Umgang mit der Sprechstimme

  • Menschen spiegeln einander, man nennt das Pacing. So ist zum Beispiel das Phänomen zu erklären, dass man gähnen muss, wenn man jemanden gähnen sieht. Man wird als besonders sympathisch wahrgenommen, wenn man das Gegenüber in Gesprächen spiegelt –das funktioniert auch bei der Sprachmelodie. Passen Sie sich Ihrem Gegenüber an – aber behalten Sie trotzdem im Hinterkopf, dass Sie bei Ihren Mandanten Streitfähigkeit für den Einsatz im Gerichtssaal und bei Verhandlungen ausdrücken sollten.
  • Erst, wer sich selbst aufnimmt (und das Aufgenommene dann auch anhört), hat Gewissheit darüber, wie er oder sie klingt. Eine gute Übung besteht darin, einen x-beliebigen Satz zu sprechen und verschiedene Gemütslagen hineinzulegen. Sagen Sie Ihren Satz entschlossen, einfühlsam, streitlustig etc. Hören Sie sich dann die Aufnahmen an: Können Sie erkennen, welcher Aufnahme welche Stimmung zugrunde liegt? Wer nicht erkennt, was er oder sie ausdrücken wollte, braucht noch etwas Training in Bezug auf den Stimmeinsatz.

Sympathie und Vertrauenswürdigkeit sind im anwaltlichen Alltag nie so wichtig wie im Akquisegespräch. Darauf zahlen Stimme und Sprechweise auf besondere Art und Weise ein. Dafür lohnt es sich, den Umgang mit der eigenen Stimme zu hinterfragen und stimmliche Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen. Wer Empathie und Kompetenz vermitteln kann, wird den Kampf um Mandate leichter gewinnen.

Über die Autorin:

Ute Bolz-Fischer M.A.
ist Stimmcoach, Sängerin und Musikwissenschaftlerin. Im Rahmen von Law & Voice Stimmbildung für Juristinnen und Juristen hat sie ein speziell auf die Bedürfnisse von Juristinnen und Juristen abgestimmtes Stimmtraining entwickelt. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die Stimme zu stärken und die Resilienz ihrer Coachees zu fördern. www.law-and-voice.de

Dieser Beitrag ist erstmals im BSM 20/23 erschienen.

Lesen Sie mehr über die neun Strategien der Mandantengewinnung.
 

Besuchen Sie auch die Social-Media-Kanäle von C.H.BECK. Sie finden uns auf: