Berufsbilder: Der Fachanwalt für Arbeitsrecht

von Jan-Rasmus Schultz, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Ob vor dem Abschluss eines Arbeitsvertrags, während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses oder nach Beendigung einer beruflichen Tätigkeit – der Fachanwalt für Arbeitsrecht kann in einer Vielzahl unterschiedlicher Situationen benötigt werden. Jedoch wird er wie in kaum einem anderen Rechtsgebiet fortwährend mit derselben Fallkonstellation konfrontiert, namentlich mit der Kündigungsschutzklage.

Mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage begehrt der Mandant die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit einer zuvor ausgesprochenen Kündigung. Ob diese tatsächlich unwirksam ist, hängt insbesondere davon ab, ob ein wirksamer Kündigungsgrund gegeben ist. Da diese Frage bei Vorliegen einer Kündigung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer naturgemäß unterschiedlich beantwortet wird, ist regelmäßig eine gerichtliche Feststellung erforderlich.

Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung

Der Fachanwalt für das Arbeitsrecht hat vornehmlich darzulegen, weshalb der in der Kündigung genannte Grund und somit auch die darauf bezogene Kündigung insgesamt unwirksam ist. Zu beachten sind hierbei insbesondere die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes. Das KSchG findet unter den Voraussetzungen Anwendung, dass der Mandant einerseits zu dem geschützten Personenkreis gehört, also Arbeitnehmer beziehungsweise Teilzeitbeschäftigter ist oder eine Nebentätigkeit ausübt, sowie andererseits das Arbeitsverhältnis des Mandanten bereits seit mehr als sechs Monaten besteht.

Ferner sind Vorschriften des ersten Abschnittes des KSchG dann nicht anwendbar, wenn der Betrieb, in dem der Mandant tätig ist, weniger als fünf beziehungsweise zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Liegen die genannten Voraussetzungen jedoch vor, ist der Anwendungsbereich des KSchG eröffnet und die Kündigung daher nur dann rechtmäßig, wenn ein sozialer Rechtfertigungsgrund gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 vorliegt.

Der Kündigungsgrund

Dieser kann entweder in der Person sowie dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder auf betrieblichen Gründen beruhen. Personenbedingt darf dem Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn er aufgrund von persönlichen Eigenschaften oder Fähigkeiten nicht mehr dazu in der Lage ist, künftig die vertragsgemäße Leistung zu erbringen. In der Praxis wird eine personenbedingte Kündigung oftmals darauf gestützt, dass der Arbeitnehmer die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Fahrerlaubnis verliert und somit nicht mehr dazu in der Lage ist, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen.

Zu den personenbedingten Gründen zählen ferner Alkohol- oder Drogensucht, die Anordnung von Straf- oder Untersuchungshaft sowie der krankheitsbedingte Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit. Im Gegensatz zu der personenbedingten Kündigung zeichnet sich die verhaltensbedingte Kündigung dadurch aus, dass der Kündigungsgrund ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers während der Dienstzeit voraussetzt.

Beispielhaft seien verspätete oder unterlassene Krankmeldungen, Beleidigungen oder das Vortäuschen einer Krankheit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit genannt. Die betriebsbedingte Kündigung erfordert hingegen keinen in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Grund. Sie ist vielmehr dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende, betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, bedingt ist.

Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl im Sinne des § 1 Absatz 3 KSchG vorgenommen hat, mittels derer sichergestellt werden soll, dass dem Arbeitnehmer, den der Verlust des Arbeitsplatzes etwa aus familiären Gründen am härtesten treffen würde, nicht gekündigt wird.

Obgleich die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung anhand der vorstehend genannten Fallgruppen sozialer Rechtfertigung den Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit im Arbeitsrecht darstellt, erschöpft sich dieses keinesfalls darin.

Die weiteren Tätigkeitsfelder

Es umfasst vielmehr auch die Auslegung von Arbeitsverträgen, die Beurteilung von Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis oder den Problemkreis der Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten.

Einen besonderen Stellenwert nehmen zudem die Arbeitszeugnisse ein.
Aufgrund ihrer enormen Bedeutung für die Aufnahme einer weiteren beruflichen Tätigkeit hat der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran, dass das Arbeitszeugnis vorteilhaft ausfällt und keine negativen Formulierungen enthält.

Besteht zwischen Arbeitnehmer und vormaligem Arbeitgeber Uneinigkeit über die Formulierung oder den Inhalt des Arbeitszeugnisses, so kann im Rahmen eines Vergleiches eine gütliche Einigung herbeigeführt werden. Diesbezüglich hat der Fachanwalt für Arbeitsrecht zu berücksichtigen, dass der Vergleich einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist, die aus diesem erwachsenden Rechte und Pflichten also hinreichend konkret bezeichnet sind.

Zusammenfassend betrachtet bietet das Fachanwaltsgebiet des Arbeitsrechts daher neben der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung auch weitere Tätigkeitsfelder und ist aufgrund der hinter den Mandaten stehenden individuellen Lebensumständen abwechslungsreich und vielschichtig. Es erfordert jedoch eine detaillierte Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und weist im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten einen erhöhten zeitlichen Arbeitsaufwand auf, da regelmäßig nicht nur ein, sondern mehrere Gespräche mit dem Mandanten erforderlich sind, um alle relevanten Tatsachen herausarbeiten zu können.

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Quellen BECK Stellenmarkt 8/2017 und JuS 5/2017