Mein Weg als Volljurist in die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen

Metallschild mit der Aufschrift Finanzministerium des Landes Nordhrein-Westfalen
von Mirco Schwettmann

Juristinnen und Juristen stehen nach dem Referendariat viele Möglichkeiten offen. Während des Studiums war ich fixiert auf die „traditionellen“ juristischen Berufe wie Richter, Staats- oder Rechtsanwalt. Die öffentliche Verwaltung hatte ich bis dahin noch gar nicht auf dem Schirm. Nach einer kurzen Phase als Anwalt war ich fast vier Jahre als Jurist in einem Versicherungsunternehmen tätig. Dort hatte ich Führungserfahrung als Teamleiter gesammelt. Dennoch habe ich den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung und Weiterentwicklung verspürt.

Meine ursprünglichen Bedenken und Vorstellungen verbunden mit dem Wort „Finanzamt“ wurden schnell ausgeräumt. Dann haben mich die Vorteile wie Abwechslung und Führungsverantwortung vom ersten Tag an und ein sicherer Arbeitsplatz überzeugt, diesen Schritt zu wagen. Ich wurde nicht enttäuscht. Seit mehr als fünf Jahren bin ich als Jurist in der Finanzverwaltung beschäftigt und habe es noch keinen Tag lang bereut.

Als Jurist in der Finanzverwaltung starten?

Nach einem intensiven zwölfmonatigen Traineeprogramm, in dem ich die vielseitige Welt der Finanzverwaltung und die Grundzüge des Steuerrechts kennenlernen durfte, wurde ich als Sachgebietsleitung in einem Finanzamt – und somit von Anfang an als Führungskraft – eingesetzt. Zunächst ging es darum, den direkten Kollegenkreis und vor allem das eigene Sachgebiet kennenzulernen. Die Finanzverwaltung ist bunt und vielfältig. Sich auf Menschen unterschiedlicher Charaktere einzulassen, deren Bedürfnisse und Fähigkeiten zu erkennen, sind Kernaufgaben einer Sachgebietsleitung. Ein wertschätzendes Miteinander steht hierbei im Zentrum der Zusammenarbeit.

Daneben ist man gerade als Juristin oder Jurist gerne gefragt, wenn es rechtlich irgendwo hakt. Sätze wie: „Es wäre toll, wenn da mal ein Jurist drüber schauen könnte“ kommen nicht selten vor. Auch neue Herausforderungen wie Arbeitsorganisation und Controlling bin ich sportlich angegangen. Je nach Einsatzgebiet nimmt man neben den Aufgaben im Amt auch an überregionalen Besprechungen zu interdisziplinären Themen teil. Aufgabenbereiche sowie Sachgebiet wechseln häufiger und die Lernkurve steigt stetig, wobei man auf ein breites Fundament an Unterstützung bauen kann.

Nach dem Traineeprogramm begleitet einen in den ersten Jahren weiterhin ein Mentoringprogramm. Darüber hinaus gibt es an den Fortbildungseinrichtungen der Finanzverwaltung oder auch digital die Möglichkeit, das eigene Wissensprofil während des gesamten Berufslebens zu vertiefen. Auch andere Führungskräfte und nicht zuletzt die Dienststellenleitung helfen dabei, „laufen zu lernen“. Erfahrungen und ein ständig wachsendes Netzwerk machen es zunehmend einfacher, komplexe Zusammenhänge zu überblicken und schneller Lösungswege zu finden. Arbeiten auf Distanz und im Homeoffice ist aufgrund der technischen Möglichkeiten mittlerweile das Normal, daneben ist aber auch der Austausch mit dem Team vor Ort wichtig, um in Verbindung zu bleiben, potenzielle Aufgaben frühzeitig zu identifizieren und gemeinsam zu meistern.

Zu einem normalen Arbeitstag im Finanzamt gehören neben der persönlichen Betreuung auch fachliche Themen. Die Herausforderungen sind je nach Einsatzgebiet unterschiedlich. Wer Mitarbeitende aus der Rechtsbehelfsstelle in seinem Sachgebiet hat, bereitet regelmäßig Termine vor dem Finanzgericht vor und hat so die Chance, sich auch in komplexere Sachverhalte einzuarbeiten. In den Veranlagungsbezirken – also in dem Bereich, in dem die eingehenden Steuererklärungen bearbeitet werden – ist man viel mit organisatorischen Themen beschäftigt, aber auch damit, einzelne Steuererklärungen zu sichten. In der Betriebsprüfung sind auch Schlussbesprechungen mit Unternehmensvertretern und deren Steuerberatungen an der Tagesordnung, was eine gute Vorbereitung unerlässlich macht.

Wichtig sind die regelmäßigen Sachgebietsleiterrunden, um von anderen Führungskräften in Erfahrung zu bringen, mit welchen Themen sich das Haus gerade beschäftigt. Insgesamt führe ich viele Gespräche und stehe den Mitarbeitenden bei der beruflichen Entwicklung zur Seite. Dabei versuchen wir, gemeinsam herauszufinden, wie sich die Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Finanzverwaltung weiterentwickeln können.

In einem Finanzamt warten daneben zahlreiche Sonderaufgaben. Ich betreue beispielsweise juristische Praktikantinnen und Praktikanten sowie Referendarinnen und Referendare und fungiere als Mentor für Führungskräfte in ihrem Traineejahr. Darüber hinaus musste ich in einigen Bereichen bereits umfassende Umstrukturierungen planen, zum Beispiel, wenn Kolleginnen oder Kollegen das Finanzamt wechseln oder neu hinzukommen.

Wie kann es nach den ersten Jahren im Finanzamt weitergehen?

Ich schätze Abwechslung im Beruf und lerne gerne neue Arbeitsbereiche kennen. Innerhalb der Finanzverwaltung ist es möglich, mich in vielen Bereichen auszuprobieren, ohne dass ich den Arbeitgeber wechseln muss. Juristinnen und Juristen haben die Chance, in der gesamten Finanzverwaltung herumzukommen – angefangen vom Ministerium der Finanzen, wo man an der Entstehung politischer Entscheidungen mitwirken kann, über den organisatorischen und fachlichen Bereich der Oberfinanzdirektion bis hin zur Hochschule für Finanzen in Nordkirchen als Dozentin oder Dozent.

Auch eine Tätigkeit in einem der vielen anderen Bereiche der Finanzverwaltung wie dem Landesamt für Finanzen, dem Landesamt für Besoldung und Versorgung, dem Rechenzentrum oder dem Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität steht Juristinnen und Juristen offen. Nicht zu vergessen sind auch die Funktionsämter wie die Groß- und Konzernprüfung, in denen man als Führungskraft mitgestalten kann.

Kurz gesagt: In der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen kann bei Interesse jede Juristin bzw. jeder Jurist einen individuellen beruflichen Weg finden und erfolgreich gestalten.

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Über den Autor:

Mirco Schwettmann - Volljurist bei der Finanzverwaltung NRW
Studiert hat er in Bielefeld und Bonn, sein Traineejahr absolvierte er im Finanzamt Paderborn. Es folgten Einsätze als Sachgebietsleiter im Finanzamt Herford und im Finanzamt Gütersloh.