Das IT-Recht – große Vielfalt und ernste Problemlagen

von Jan-Rasmus Schultz, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Das derzeit am häufigsten in Verbindung mit dem IT-Recht auftretende Schlagwort lautet: Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG).

Das zum 1. Oktober letzten Jahres in Kraft getretene NetzDG soll eine effektive Rechtsverfolgung von sog. fake-news im Internet sicherstellen und zudem ermöglichen, gegen die dortige Äußerung von Hasskommentaren vorzugehen.

Ebenfalls im Zusammenhang mit dem IT-Recht werden die Frage nach einem möglichen Recht an Daten sowie die rechtliche Einordnung der Blockchain-Technologie, die vornehmlich bei Transaktionen von Bitcoins eingesetzt wird, diskutiert.

Diese kurze Übersicht zeigt bereits eindrucksvoll, wie vielfältig und zukunftsgerichtet das IT-Recht beschaffen ist. Innerhalb des IT-Rechts spielen die Bereiche der IT-Sicherheit und des IT-Vertragsrechts, die ebenfalls von zahlreichen aktuellen Entwicklungen geprägt werden, eine bedeutende Rolle.

Die IT-Sicherheit

Im Rahmen der IT-Sicherheit nimmt das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz) eine zentrale Stellung ein. Ziel des seit Juli 2015 geltenden IT-Sicherheitsgesetzes ist es laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die IT-Systeme und digitalen Infrastrukturen Deutschlands zu den sichersten weltweit zu machen. Dieser Zielsetzung liegt die Erwägung zu Grunde, dass ein Ausfall oder eine Beeinträchtigung der Versorgungsdienstleistungen, insbesondere im Bereich der sogenannten Kritischen Infrastrukturen (Strom- und Wasserversorgung, Finanzen oder Ernährung), dramatische Folgen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft in Deutschland hätte. Darüber hinaus soll das IT-Sicherheitsgesetz auch zu einer Verbesserung der IT-Sicherheit bei Unternehmen, Bürgern und der Staatsverwaltung beitragen.

Unter der Überschrift „Digitalisierung erfordert Schutzmaßnahmen“ führt das BSI hierzu grundlegend aus, dass das IT-Sicherheitsgesetz Ausdruck der Schutzverantwortung des Staates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und seinen eigenen Institutionen und Verwaltungen ist.

Das Urheberrecht

Kaum ein anderes Problem als das des urheberrechtlichen Schutzes von Software wird derzeit innerhalb von Rechtsprechung und Literatur so kontrovers diskutiert.

In diesem Zusammenhang stellt sich sowohl die Frage danach, wann das sog. Verbreitungsrecht an einer Software als erschöpft anzusehen ist als auch die Frage nach einer rechtlichen Behandlung des Inverkehrbringens von Product Keys, mit der sich das OLG München mit Urteil vom 01. Juni 2017 – Az.: 29 U 2554/16 beschäftigen musste. Hierbei stellte es unter anderem fest, dass das Übermitteln von Product Keys samt Downloadlink die ernsthafte Gefahr begründet, dass das Programm heruntergeladen und damit in das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Programmherstellers eingegriffen wird.

Auch der Bereich der Unterhaltung weist zahlreiche Schnittstellen mit dem Urheberrecht auf; so hatte sich der BGH in seinem Urteil vom 06. Oktober 2016 – Az.: I ZR 25/15 mit einem populären Online-Spiel zu befassen – und entschied unter dem Titel „Urheberrechtsschutz für Client-Software – World of Warcraft I“.

Das IT-Vertragsrecht

Innerhalb des IT-Vertragsrechts finden sich beispielsweise Regelungen rund um die Nutzung und den Erwerb von Software. Ende letzten Jahres hat der Gesetzgeber unter dem sperrigen Namen „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ zudem ein Regelwerk erlassen, mit dem er auf das sogenannte IT-Outsourcing reagierte.

Nach der Begründung des Gesetzgebers erfordere die innerhalb der letzten Jahrzehnte erfolgte Digitalisierung vielerorts, dass die Einrichtung, der Betrieb, die Wartung und die Anpassung informationstechnischer Anlagen nicht durch eigenes Personal, sondern durch Dritte vorgenommen wird.

Dieses oftmals aus Kostengründen angestrebte IT-Outsourcing birgt grundsätzlich das Risiko der Kenntniserlangung geschützter Geheimnisse durch die beauftragten Dritten, das gemäß § 203 StGB strafrechtlich sanktioniert werden kann.

Da diese Regelung im Rahmen des modernen Daten-Wirtschaftsverkehrs zu eng gefasst ist, schränkt sie der Gesetzgeber dahingehend ein, als dass kein strafbares Handeln vorliegt, wenn geschützte Geheimnisse gegenüber solchen Personen offenbart werden, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken und diese Mitwirkung für die ordnungsgemäße Durchführung der jeweiligen Tätigkeit erforderlich ist.

Der Gesetzgeber hat darüber hinaus mit dem Vertrauensdienstegesetz ein elektronisches Siegel, einen elektronischen Zeitstempel, elektronische Zustelldienste und Websitezertifikate normiert, die der vertraulichen Kommunikation im Internet dienen und dessen reibungslosen Ablauf erleichtern sollen.

Zusammenfassend betrachtet zeichnet sich das IT-Recht durch vielfältige und stets neu gelagerte Sachverhalte und Problemlagen aus, die sowohl den Gesetzgeber als auch die weiteren Beteiligten vor interessante Herausforderungen stellen können.

Bedauerlicherweise wird es derzeit vornehmlich von der innerhalb der Literatur als unzureichend beziehungsweise fehlgeschlagen angesehenen Reaktion des Gesetzgebers auf die Hasskriminalität im Internet, dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dominiert.

Foto oben: Olivier Le Moal/stock.adobe.com

Quelle BECK Stellenmarkt 4/2018 und JuS 2/2018