Der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

von Malte Drews, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Ob AG, GmbH oder auch GmbH & Co. KG, diese Abkürzungen dürften den meisten zwar geläufig sein, doch oftmals erschöpfen sich die Kenntnisse über diese Begriffe im Wesentlichen darin, dass es sich dabei um Bezeichnungen für Kapital- oder Personengesellschaften handelt.

Anders sieht dies allerdings beim Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht aus, um den es im Folgenden gehen soll. Für ihn ist der Umgang mit den verschiedenen Gesellschaftsformen Teil seiner täglichen Arbeit.

Überblick

Wie es die Bezeichnung des Titels Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bereits andeutet, erstreckt sich dessen Expertise im Wesentlichen auf die beiden Gebiete Handelsrecht und Gesellschaftsrecht.

Zwar hängen beide Bereiche oft miteinander zusammen und viele gesellschaftsrechtliche Regelungen werden teilweise im HGB getroffen, dennoch bietet es sich an, diese jeweils getrennt darzustellen, um einen besseren Überblick in die Arbeit des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht gewähren zu können.

Das Handelsrecht

Das Handelsrecht ist vor allem im HGB kodifiziert. Im § 14i FAO wird bestimmt, welche Kenntnisse der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht nachzuweisen hat. Daraus ergibt sich, dass er sich im Hinblick auf das Handelsrecht vor allem mit dem Recht des Handelsstandes und dem Recht der Handelsgeschäfte auskennen sollte.

Dabei umfasst der Handelsstand die Gesamtheit aller kaufmännisch Tätigen. Neben den Kaufleuten sind dies etwa auch Prokuristen, Handelsvertreter oder sogar Handelsgehilfen. Für diese sieht das HGB zum Teil besondere Regelungen vor, die häufig die Vorschriften des allgemeinen Privatrechts modifizieren.

Handelsgeschäfte sind Geschäfte, die von einem Kaufmann in Bezug auf sein Handelsgewerbe getätigt werden – irrelevant ist dabei, um welche Art des Kaufmannes es sich handelt. Die Regelungen des HGB führen hierbei häufig zu einer Anpassung der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, sodass sie den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs entsprechen.

Darüber hinaus sollte der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ebenso mit dem internationalen Kaufrecht vertraut sein. Dieser Aspekt wird mittlerweile immer bedeutender, da zunehmend grenzüberschreitende Handelsbeziehungen bestehen und – von der EU einmal abgesehen – jedes Land grundsätzlich eigene kaufrechtliche Regelungen hat. Diese stehen häufig zu anderen Rechtsordnungen in Konflikt, sodass internationale Handelspartner darauf bedacht sind, für beide Seiten verbindliche Normen festzulegen, um einen sicheren rechtlichen Rahmen zu schaffen. Dabei setzt sich das sogenannte CISG (UN-Kaufrecht) immer weiter durch und ist somit für den Fachanwalt von großer Bedeutung.

Hierbei handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der von vielen Ländern ratifiziert wurde und damit grundsätzlich anwendbar ist, da er das grenzüberschreitende Kaufrecht von gewerblichen Vertragspartnern regelt.

Das Gesellschaftsrecht

Neben Kenntnissen im Handelsrecht muss der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht auch über solche im Gesellschaftsrecht verfügen. Dabei finden sich Vorschriften des Gesellschaftsrechts nicht nur in allgemeinen Gesetzen wie dem BGB (GbR, auch als BGB-Gesellschaft bezeichnet) oder HGB (OHG und KG), sondern auch in Spezialgesetzen wie dem GmbHG oder dem AktG.

Auch hier ist das Aufgabengebiet vielfältig: Neben dem Entwerfen von Gesellschaftsverträgen und allgemeinen Beratungen von Vorständen und Geschäftsführern gehört vor allem das Wissen um die auf der Haupt- oder Gesellschafterversammlung möglichen zu fassenden Beschlüsse dazu, da hier die Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit beurteilt werden muss.

Dies ist dann in speziellen gerichtlichen Prozessen durchzusetzen, für die der Fachanwalt ebenfalls über die geeigneten prozessualen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen muss.

Die zunehmende Relevanz internationaler Beziehungen und die dazugehörigen rechtlichen Kenntnisse gelten wie für das Handelsrecht ebenfalls für das Gesellschaftsrecht, vor allem im Hinblick auf die speziellen Rechtsformen der EU, wie etwa die Societas Europaea.

Neben diesem „allgemeinen“ gesellschaftsrechtlichen Wissen muss der Fachanwalt auch über Kenntnisse im Konzern- und Umwandlungsrecht verfügen.

Ersteres ist insbesondere in Unternehmensverbünden von Bedeutung, während letzteres an Relevanz gewinnt, sobald eine Gesellschaft ihre Rechtsform ändern möchte, etwa bei der Umwandlung einer OHG in eine GmbH.

Darüber hinaus sollte der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht über eine umfangreiche Qualifikation im Bilanz- und Steuerrecht verfügen, ebenso auch in Schnittstellenrechtsgebieten, wie etwa dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmerecht sowie dem Arbeitsrecht.

Fazit

Wie sich zeigt, muss der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht über sehr diversifizierte Kenntnisse verfügen, die es ihm somit ermöglichen, die Vielfalt der möglichen Aufgaben im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrechts zu bewältigen.

Vor allem auch durch das Wissen im Bilanz- und Steuerrecht ist es ihm ohne weiteres möglich, interdisziplinär – etwa bei einer Restrukturierung oder Übernahme – mit Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern zusammen zu arbeiten.

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Quelle BECK Stellenmarkt 3/2018