Rechtsanwalt im Gewerblichen Rechtsschutz - „Und was macht man da so?“

von Dr. Matthias Ringer und Dr. Dirk Wiedemann, beide Associate der Kanzlei Lorenz Seidler Gossel, München

Was bedeutet Gewerblicher Rechtsschutz und was sind die Aufgaben eines Anwalts in dieser Disziplin? Hier erfahren Sie Details über die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten des Karriereeinstieges und der Vielfältigkeit der Tätigkeit an sich.

„Und was macht man da so?“ An diese Frage muss sich gewöhnen, wer als Anwalt im Gewerblichen Rechtsschutz tätig ist. Weiß man beispielsweise bei einem Experten für Erbrecht sofort, womit sich dieser beschäftigt, erntet man in unserem Rechtsgebiet oft fragende Blicke.

Zum Gewerblichen Rechtsschutz gehören in erster Linie das Markenrecht, Patent- und Gebrauchsmusterrecht, Designrecht sowie das Wettbewerbsrecht. Gewerblicher Rechtsschutz ist damit vor allem eines: Recht zum Anfassen.

So schützt das Designrecht die ästhetische Gestaltung von Produkten, man denke nur an die Auseinandersetzung zweier großer Smartphone-Hersteller um die Aufmachung des jeweiligen Tablets.

Über das Markenrecht werden vor allem die Namen von Produkten geschützt, aber auch deren Farbe oder Form können als Marke dienen, etwa eine rote Schuhsohle oder die charakteristische Nierenform des Kühlergrills eines Autos. Im Patent- und Gebrauchsmusterrecht dreht sich alles um Technik. Hier werden technische Erfindungen geschützt, z.B. der Spurassistent eines Autos.

Das Wettbewerbsrecht will verhindern, dass es zu unlauteren Handlungen eines Unternehmens kommt, beispielsweise die irreführende Werbeanzeige eines Mobilfunkanbieters, man habe das beste Netz.

Anwalt im Gewerblichen Rechtsschutz: Kein Tag gleich dem anderen 

So vielfältig wie die vorgenannten Gebiete ist auch die tägliche Arbeit als Anwalt im Gewerblichen Rechtsschutz. Kein Tag gleicht dem anderen und Arbeit nach Schema F gibt es nicht.

Während man gerade noch damit beschäftigt war, für einen Mandanten eine Abmahnung zu fertigen, muss man vielleicht schon im nächsten Moment in die Rolle des Verteidigers eines anderen Mandanten schlüpfen, dem gerade eine Klageschrift zugestellt wurde.

Dies erfordert nicht nur geistige Flexibilität, sondern bietet auch im hohen Maße Raum für kreatives Denken und (prozess-)taktische Erwägungen. Jedes Mal steht man damit aufs Neue vor der Herausforderung, das für seinen Mandanten in der jeweiligen Situation beste Ergebnis zu erzielen.

Um die Rechte seiner Mandanten durchzusetzen, ist es häufig notwendig, die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen. Besonders typisch für den Gewerblichen Rechtsschutz ist, dass Erfolge oftmals sehr kurzfristig – innerhalb weniger Tage oder gar Stunden – erzielt werden müssen.
Stellt ein Mandant z. B. fest, dass sein Erfolgsprodukt von der Konkurrenz nachgeahmt wurde, wird er sich nicht mit dem Hinweis zufrieden geben, ein erstinstanzliches Urteil schon „in wenigen Monaten“ erstreiten zu können. Der Vertrieb der Nachahmung muss vielmehr sofort unterbunden werden, weshalb im Gewerblichen Rechtsschutz Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine Seltenheit sind.

Effektive Beratung im Gewerblichen Rechtsschutz setzt jedoch nicht erst an, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Um den Mandanten ein effektives Rüstzeug gegen zukünftige Schutzrechtsverletzungen an die Hand zu geben, ist es notwendig, durch entsprechende Marken-, Design- oder Patentanmeldungen ein maßgeschneidertes Schutzrechtsportfolio aufzubauen. Hier ist strategisches Denken gefordert, da der Anwalt natürlich berücksichtigen muss, welche Schutzrechte für die Bedürfnisse seines Mandanten am besten geeignet sind. Oftmals wird man eine solche Anmeldung jedoch beim Amt durchsetzen müssen, z. B. weil es die Eintragungsfähigkeit einer Marke zunächst verneint.

Gewerblicher Rechtsschutz ist im hohen Maße international, sei es, dass deutsche Mandanten ihre Schutzrechte im Ausland geschützt wissen wollen, sei es, dass man ausländische Firmen beim Schutz oder der Durchsetzung ihrer Rechte in Deutschland berät.

Insbesondere bestehen mit dem Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum und dem Europäischen Patentamt supranationale Organisationen, die auf einen grenzüberschreitenden Schutz ausgelegt sind und vor denen auch eigene kontradiktatorische Verfahren, zumeist auf Englisch, geführt werden können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Inhaber eines älteren Patents sein Recht durch die Neuanmeldung eines jüngeren Patents verletzt sieht.

Gewerblicher Rechtsschutz: Karriere-Möglichkeiten

Hat man sich als angehender Anwalt für den Gewerblichen Rechtsschutz entschieden, stehen einem zum Karriereeinstieg verschiedenste Möglichkeiten zur Auswahl. Nahezu jede größere Wirtschaftskanzlei bietet ihren Mandanten auch Beratung im Gewerblichen Rechtsschutz an, Großkanzleien unterhalten hierzu meist eine eigene Abteilung. Daneben existieren sog. Boutiquen, die sich ausschließlich dem Gewerblichen Rechtsschutz verschrieben haben und ihren Mandanten hochspezialisierte Rechtsdienstleistungen anbieten. Werden in Großkanzleien die Mandate häufig in einem größeren Team betreut, arbeitet man in Boutiquen unter Anleitung eines erfahrenen Partners regelmäßig an vorderster Front und erlangt so oft sehr früh die Gelegenheit, direkt mit Mandant und Gegner zu kommunizieren, vor Gericht aufzutreten und sich so ein eigenes Profil zu entwickeln.

Ob nun Großkanzlei oder Boutique – spätestens nach den ersten Wochen Berufstätigkeit wird man jede Nachfrage zum Tätigkeitsfeld eines gewerblichen Schutzrechtlers problemlos parieren können.

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Quelle JuS 5/2016