Erfahrungsbericht zum LL.M. Studium in den USA in Zeiten der Corona-Pandemie

Interview mit Jessica und Markus Hawickenbrauck, geführt von Dr. Elisabeth Rudolf-Sipötz

Schön, dass Sie wieder gesund zurück sind. Wie kamen Sie auf den Gedanken, als Eheleute gemeinsam im Ausland zu studieren?

Jessica: Für uns war immer klar, dass wir nach dem Studium in Deutschland ein Jahr in den USA verbringen wollten. Es ist ein faszinierendes Land. Mit einem Studium an der State University of New York at Buffalo konnten wir unsere privaten und fachlichen Interessen ideal verbinden. Ich konnte meiner Leidenschaft für das Strafrecht durch den dort angebotenen LL.M. in Criminal Law nachgehen.

Markus: Ich hingegen interessierte mich für das amerikanische Prozesswesen, welches ebenfalls verstärkt in Buffalo angeboten wird. Zudem fand ich solche Kurse interessant, die nicht nur rein rechtliche Perspektiven behandelten. Wenn Sie beispielweise von einem ehemaligen United States Attorney erklärt bekommen, welche Aspekte Sie bei politischen oder Unternehmenskrisen zu beachten haben, dann nehmen Sie davon auch etwas für Ihr weiteres Leben mit.

Hürden beim LL.M 

Was war die größte Hürde, die Sie in der Vorbereitungszeit auf den LL.M. überwinden mussten?

Jessica: Zuerst war da natürlich die Frage: an welcher Universität wollen wir überhaupt studieren? Da es in den USA so viele interessante Orte gibt, waren wir waren zunächst unentschlossen. Letztendlich haben wir uns dann für Buffalo entschieden, nicht zuletzt, weil ich dort den LL.M. im Criminal Law machen konnte.

Markus: Aber natürlich war auch die Finanzierung ein großes Thema. Bekanntlich ist das Studium in den USA teuer, und obwohl wir beide Teilstipendien der University at Buffalo erhalten haben und auch teilweise große familiäre Unterstützung erhielten, verblieb eine nicht unerhebliche Restsumme für die Studiengebühren als auch für die Lebenshaltungskosten. Durch unsere Mitgliedschaft in der DAJV (Deutsch-Amerikanische-Juristen-
Vereinigung e.V.) hatten wir von der Brain Capital GmbH gehört und das Konzept des Studienfonds passte perfekt zu unserem Vorhaben. Die Kommunikation war unkompliziert und schon bald hatten wir die Zusage, dass wir beide die Förderung erhalten würden. Damit konnten wir hinter dieses Problem dann auch einen Haken machen.

Wie haben Sie den Anfang der Corona-Pandemie in den USA erlebt?

Jessica: Wir waren über den Jahreswechsel noch in New York City, das etwa 7 Autostunden von Buffalo entfernt ist. Als wenige Wochen später die dortigen Infektionszahlen durch die Nachrichten gingen, war das natürlich auch ein Thema in Buffalo. Die Universität selbst reagierte sehr umsichtig und stellte innerhalb weniger Tage den Lehrbetrieb von Präsenzveranstaltungen auf einen reinen Onlinebetrieb um. Für uns bedeutete das, die Wohnung nur noch selten zu verlassen. Das war schade und so hatten wir uns den Abschluss des Semesters nicht vorgestellt, aber angesichts der Situation war dies natürlich vernünftig.

Markus: Als die ersten Fälle in Buffalo bekannt wurden, reagierten die Menschen ähnlich wie in Deutschland. Es kam zu Hamsterkäufen und Produkte wie Desinfektionsmittel, Nudeln oder Toilettenpapier waren nahezu unmöglich zu bekommen. Alles lief in den Supermärkten friedlich und geordnet ab, aber es war ein seltsames Gefühl, für so etwas Alltägliches anstehen zu müssen.

Es scheint, als wären Sie mit der Situation ganz gut zurechtgekommen.

Markus: Rückblickend betrachtet ist das richtig. Wir konnten unser Studium noch abschließen und heimkehren. Durch den massiv zusammengestrichenen Flugverkehr hatten wir jedoch zeitweise die Sorge, eventuell für eine nicht absehbare Zeit in den USA festzusitzen. Das wäre finanziell sehr schwierig geworden, da man als Student dort nur in sehr begrenztem Umfang arbeiten darf. Deshalb sind wir Brain Capital sehr dankbar. Sie haben uns in der Krise sofort zugesichert, an unserer Seite zu stehen und die Finanzierung anzupassen, falls das nötig ist. Wenn Ihr Heimflug bereits zweimal ersatzlos gestrichen wurde und Sie nicht wissen, ob der dritte Versuch klappt, dann ist so eine Zusicherung sehr viel wert.

Gab es etwas, was Ihnen während des LL.M.-Studiums besonders in Erinnerung geblieben ist?

Markus: Ja, die Gastvorlesung der leider kürzlich verstorbenen US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg. Sie sprach über die US-Verfassung und über ihr Verständnis vom Richteramt an sich. Ich habe noch lange über ihre Worte nachgedacht. Außerhalb der Universität hatten wir zudem die Gelegenheit, einer Wahlkampfveranstaltung von Präsident Trump in Ohio beizuwohnen. Konträrer hätte das Auftreten der beiden nicht sein können.

Unterschiede im Rechtssystem

Jessica: Mir sind vor allem Unterschiede an der Universität und allgemein im Rechtssystem im Gedächtnis geblieben. An amerikanischen Unis wird vermehrt mit der sokratischen Methode gelehrt, wodurch ein viel intensiverer Austausch zwischen Professoren und Studenten stattfindet. Das Rechtssystem basiert größtenteils auf dem sog. Case Law, d.h. das Recht wird hauptsächlich durch richterliche Rechtsfortbildung geprägt und es gibt keine Gesetzestexte wie die, mit denen wir in Deutschland arbeiten. Es hat uns anfangs einige Mühe gekostet, mit diesem System zurecht zu kommen, aber wir wurden mit der Zeit auch hierbei natürlich viel routinierter und begannen sogar, teilweise Spaß daran zu haben, alte Fälle des Supreme Court zu lesen.

Ihnen beiden herzlichen Dank! Und alles Gute für Ihre berufliche und persönliche Zukunft.

Info: "Wie funktioniert der LL.M. Bildungsfonds?"
Der LL.M. Bildungsfonds finanziert Kosten des Studiums. Im Gegenzug verpflichten sich die Geförderten nach Graduierung für 10 Jahre zu einkommensabhängigen Rückzahlungen. Während des Studiums sind keine Zahlungen fällig. Im Gegensatz zum Kredit liegt hier keine fixe Belastung vor. Der Absolvent wird im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit belastet. Sollte das jährliche Einkommen unter € 30.000 sinken, entfällt die Zahlungspflicht in dem betreffenden Jahr und die Rückzahlung wird gestundet (z.B. während des Referendariats, Elternzeit…). Zusätzlich sind Höchstgrenzen für die jährliche Zahlung als auch für die Gesamtzahlung festgelegt.

Über die Autoren:

Jessica Hawickenbrauck

Markus Hawickenbrauck

absolvierten das Masterstudium, beide sind
Rechtsreferendare am Landgericht Kleve

Dr. Elisabeth Rudolf-Sipötz
Geschäftsführerin der Brain Capital GmbH,
Fondsgesellschaft für Bildungsfonds 
Ansprechpartnerin für LL.M. Interessenten

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Quelle NJW 45/2020

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