Die Arbeit im Studierendenparlament

von Ghazzal Novid, durchlief im Laufe seines Jurastudiums einige hochschulpolitische Stationen und war zudem im Allgemeinen Studierendenausschuss und in der Fachschaftsvertretung aktiv

Die Selbstverwaltung der Hochschulen hat, konkreter als in Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz formuliert, in vielen Bundesländern Verfassungsrang, ist aber zumindest in den Hochschulgesetzen verankert. So auch die „Verfasste Studierendenschaft“, die es in die meisten Hochschulgesetze der Länder geschafft hat (eine Ausnahme ist etwa Bayern).

Die Verfasste Studierendenschaft ist ein rechtsfähiger Teil der Körperschaft des Öffentlichen Rechts, des juristischen Grundgerüsts einer öffentlichen Hochschule. Doch was bewirkt dieser Status? Ganz einfach: Da die Studierenden den größten Anteil an einer Hochschule ausmachen, müssen deren Belange im Sinne der akademischen Selbstverwaltung adäquat vertreten und umgesetzt werden. Für die Vertretung der Belange ist das Studierendenparlament (manchmal auch „Studierendenvertretung“, -“rat“ o. ä. Bezeichnungen) gesetzlich beauftragt. Es ist befugt, von den Mitgliedern der Verfassten Studierendenschaft, den Studierenden also, Beiträge zu erheben. So heißt es in § 74 Absatz 1 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein: „Die Studierenden leisten finanzielle Beiträge, die der Studierendenschaft zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Verfügung stehen (Studierendenschaftsbeitrag).“

Worum geht’s?

Diese Beiträge führen zu jährlichen Einnahmen etwa der Studierendenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel von etwa 500.000 Euro zuzüglich der Beiträge für das Semesterticket, die fast drei Millionen Euro ausmachen. Mit der Verwaltung von Studierendenschaftsbeiträgen in Höhe von einer halben Million Euro jährlich sind also ausnahmslos gewählte Vertreter unter den Studierenden betraut. Mit diesem Betrag gestalten sie die adäquate Vertretung aller 25.000 Studierenden. An anderen Hochschulen bewegen sich die Zahlen auf vergleichbarem Niveau.

Vorbereitung fürs Berufsleben

Viel Geld und viel Verantwortung. Darüber sind sich die Studierendenvertreter im Klaren. Sie stellen sich sehr bewusst zur Wahl und nicht wenige üben damit, ob gezielt oder zufällig, für eine spätere (leitende) Position im Berufsleben. Ein Studierendenparlament ist nämlich auch Arbeitgeber.
Beratungsangebote, Geschäftsführung, Betriebe gewerblicher Art (etwa kleine Läden für Lern- und Büromaterial oder Campuskneipen) sind oftmals hauptamtlich bzw. durch Angestellte besetzt. Darüber hinaus lernt der Studierendenvertreter mit Projektarbeit in Teams (etwa als Mitglied eines Ausschusses), neue Ideen gemeinsam umzusetzen.

Natürlich sind auf dem Campus seit jeher auch Gliederungen demokratischer Parteien vertreten. Oft bilden sie „Fraktionen“ in den  Studierendenparlamenten. Will man mit einem Vorhaben also zur Tat schreiten, bedarf es zuvor mühevoller Überzeugungsarbeit gegenüber anderen Fraktionen, um Abstimmungsmehrheiten zu erringen. Das schult fürs Leben, auch für den späteren Beruf. Insbesondere Juristen können sich so gewinnbringende persönliche Fähigkeiten schon früh aneignen, denn auf gute Argumente kommt es vor Gericht und in jeder juristischen Fragestellung an.

Ein Ehrenamt, das lohnt

Je nach Hochschule erhalten Mitglieder des Studierendenparlaments eventuell sogar eine kleine Aufwandsentschädigung. Schließlich verbringt man hier Zeit mit dem Amt, die man sonst in einen ordentlich bezahlten Nebenjob stecken könnte. Die Arbeit im Studierendenparlament ist jedoch immer ehrenamtlich. Eine große Herausforderung in Zeiten von Studiumsverdichtung und ausuferndem Examensstoff.

Lohnt sich das Engagement angesichts dessen auch für die eigene Zukunft?
Ja, denn so viel Gestaltungsspielraum und Verantwortung wie die Studierenden im Studierendenparlament ausüben, bekommen normale Angestellte in Unternehmen selten. Ergo kann man als Berufsanfänger bereits mit Soft Skills und Erfahrung auffahren, die manch einer in seinem ganzen Berufsleben nur schwerlich erlangt. Ob man also noch vor dem Examen steht oder als Promotionsstudent eingeschrieben ist, das Engagement im Studierendenparlament ist nicht nur gemeinnützig, sondern man erhält die Chance, Gutes für seine Kommilitonen zu leisten und sich persönlich auch noch weiterzuentwickeln. Die einzige Hürde vorab ist die Wahl. Aber an vielen Hochschulen ist zumindest ein Sitz im Studierendenparlament bereits mit wenigen Dutzend Wählerstimmen zu bekommen.

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Quelle BECK Stellenmarkt 16/2017